LABOR-Debatte #29

Faktencheck: Kinder als Boten

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Berlin -

Ein Kind kommt in die Apotheke und verlangt eine Packung Aspirin oder möchte das Rezept für die Großmutter einlösen. Gibt man dem Kind die Medikamente und riskiert, dass etwas schief geht, oder besteht man darauf, dass ein Erwachsener sie abholt? Für Apotheker eine schwierige Situation, für die es keine rechtlichen Vorgaben gibt. Einen Überblick über das korrekte Vorgehen in solchen Situationen gibt's im LABOR als PDF zum Download.

In der Praxis wägen Pharmazeuten ab, das geht aus einer Diskussion in der Apotheken-Crowd LABOR hervor. „Da entscheiden wir es meist je nach Situation und je nachdem, wie genau die Kinder wissen, was die Eltern denn haben.“ Das Alter des Kindes und die Art des Medikamentes werden ebenfalls berücksichtigt. Betäubungsmittel sind bei allen Teilnehmern ein No-Go.

Für einige Kollegen ist ein Kind als Bote kein großes Ding. „Solange die Situation plausibel ist und keine Gefahren erkennbar sind, können Kinder sicherlich auch Arzneimittel für sich oder im Auftrag kaufen. Dies entscheiden zu können, unterscheidet uns schließlich von Computern und Robotern.“ Trotzdem, Vorsicht ist besser als Nachsicht: „Bei Abholungen oder Boten arbeiten wir gerne mit verschließbaren, blickdichten Botentüten, die sich nur mit einer Schere öffnen lassen.“ In einer anderen Apotheke werden die Tüten zugetackert.

Das Gesetz verbietet Apothekern die Abgabe von Arzneimitteln an Kinder nicht grundsätzlich. Die Bundesapothekerkammer hat den Vor-Ort-Apotheken eine Arbeitshilfe zur Seite gestellt. Dort heißt es: „Der Apotheker hat sowohl bei der Abgabe von Arzneimitteln auf Rezept als auch im Rahmen der Selbstmedikation eine große Verantwortung. Dies gilt in gesteigertem Maße für Kinder und Jugendliche.“ Detaillierte Empfehlungen seien aufgrund der Komplexität nicht möglich. „Mit dem heilberuflichen Wissen und dem persönlichen Kontakt ist in der öffentlichen Apotheke eine Entscheidung über die Abgabe für den jeweiligen Einzelfall verantwortungsvoll zu treffen.“

Neben dem Alter seien folgende Kriterien wichtig: „Ist das Kind Patient oder Überbringer? Ist das Kind in der Apotheke bekannt? Liegt eine Ermächtigung der Erziehungsberechtigten vor? Ist ein Anruf beim Erziehungsberechtigten zur Legitimation notwendig/möglich?“ Ebenso sollen mögliche Gefahren einsortiert werden: „Liegt eine Selbstmedikation oder Verschreibung vor? Wie ist das Missbrauchs- bzw. Toxizitätspotenzial zu beurteilen? Ist die Verpackung für Kinder leicht bzw. unbefugt zu öffnen? Besteht die Möglichkeit einer schriftlichen Information an den Patienten/Empfänger?“

Entscheiden sich Apotheker zur Abgabe des Arzneimittels sollten sie bei Rx-Medikamenten folgende Vorkehrungen treffen: Das Arzneimittel besonders gut verpacken. Den Namens des Erziehungsberechtigten beziehungsweise des Anwenders als Empfänger darauf schreiben. Das Kind auffordern, die Arzneimittel umgehend dem Empfänger zu überbringen. Schriftliche Informationen über die richtige Anwendung (z. B. Anwendungshinweise des Arztes auf dem Rezept) hinzufügen. Ein schriftliches Angebot für telefonische Rücksprache machen. Bei OTC-Medikamenten sollte man fragen, wer der Anwender ist und gegebenenfalls telefonische Rücksprache halten. Auch wenn Symptome geschildert werden, sollte man telefonisch nachfragen.

Sofern Zweifel bestehen oder keine eindeutigen Auskünfte gegeben werden können, sollte die Abgabe verweigert werden. Die BAK stellt ein Infoblatt zu Verfügung, das an die Erziehungsberechtigten mitgegeben werden kann. Darauf wird erklärt, warum Apotheken nur unter Vorbehalt Medikamente an Kinder übergeben. „Grundsätzlich sollten Sie deshalb Ihre Medikamente immer selbst bei uns abholen, oder beauftragen Sie bitte einen Erwachsenen damit“, heißt es darauf. „Sind Sie ganz auf sich allein gestellt, bettlägerig oder gehbehindert, so rufen Sie uns bitte an. In diesen Ausnahmefällen bringen wir Ihnen dringend benötigte Arzneimittel auch gerne nach Hause!“

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