Einsatz außerhalb der Indikation

Metamizol: Allzu oft off-label

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Berlin -

Der kontinuierliche Anstieg der Verordnungszahlen von metamizolhaltigen Arzneimitteln sowie die Analyse von Nebenwirkungsmeldungen weisen laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darauf hin, dass Metamizol weiterhin auch bei Indikationen eingesetzt wird, für die der Wirkstoff nicht zugelassen ist. Patient:innen sollten über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden.

In den letzten Jahren hat die Zahl der Verordnungen von Metamizol in Deutschland weiterhin kontinuierlich zugenommen, seit 2010 fand eine Verdopplung der verordneten Tagesdosen im ambulanten Bereich zulasten der GKV statt. 2021 belegte der Wirkstoff den zweiten Platz bei den häufigsten Rx-Verordnungen im Notdienst. Die häufige Verordnung erfolgt trotz bekannter schwerwiegender Nebenwirkungen von Metamizol wie dem Auftreten einer Agranulozytose, sowie einer hypotensiven Reaktion und lebensbedrohlicher arzneimittelbedingter Leberschäden. Jüngst wurde auch das seltene DRESS-Syndrom in die Liste der möglichen Nebenwirkungen aufgenommen.

Agranulozytose schon nach einer Woche

Eine Agranulozytose ist eine schwere Form einer Neutropenie (Verminderung der neutrophilen Granulozyten im Blut), die zu einer lebensbedrohlichen Infektion oder Sepsis führen kann. In einer Analyse von 161 Fallberichten aus Deutschland traten zwei Drittel der Agranulozytosefälle innerhalb von sechs Wochen nach Behandlungsbeginn auf. Eine neuere Auswertung von Spontanberichten mit vermuteter metamizolbedingter Agranulozytose in der europäischen EudraVigilance-Datenbank ergab, dass diese im Median 13 Tage nach Beginn der Metamizoleinnahme auftrat. Bei über einem Drittel der Fälle erfolgte die Diagnose jedoch schon nach sieben Tagen und bei Patienten, die bereits in der Vergangenheit Metamizol erhalten hatten, war der Zeitraum noch kürzer. 16 Prozent der Fälle endeten tödlich. besonders anfällig für einen schweren Verlauf waren Patient:innen unter der gleichzeitigen Einnahme von Methotrexat.

Indikation beachten

Bei einer weiteren Auswertung von Spontanmeldungen zu vermuteten metamizolinduzierte Agranulozytosen, wurde in jedem vierten Fall eine Anwendung außerhalb der zugelassenen Indikationen festgestellt. Zugelassene Indikationen für metamizolhaltige Arzneimittel sind:

  • akute Schmerzen nach Verletzung oder Operation
  • Schmerzen bei Koliken
  • Tumorschmerzen
  • hohes Fieber, das nicht auf andere Maßnahmen anspricht

Bei anderen starken akuten oder chronischen Schmerzen darf Metamizol nur angewendet werden, wenn andere therapeutische Maßnahmen nicht angezeigt sind. Leichte bis mittelstarke Schmerzen dürfen nicht mit Metamizol behandelt werden. Patient:innen sollten Restbestände daher nicht nach eigenem Ermessen einnehmen – darauf kann auch im Beratungsgespräch hingewiesen werden.

Vorerst asymptomatisch

Trotz des sehr seltenen Auftretens einer Agranulozytose sollten Patient:innen am besten schon vom behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin darüber aufgeklärt werden, spätestens aber in der Apotheke. Bis zum Auftreten einer Infektion verläuft eine Agranulozytose in der Regel asymptomatisch. Kommt es zu Symptomen, sind mögliche Zeichen unter anderem: Verschlechterung des Allgemeinbefindens, Fieber, Schüttelfrost, Entzündungen im Bereich der Schleimhäute und Angina tonsillaris mit Halsschmerzen und Schluckbeschwerden.

Bei jedem Verdacht auf das Vorliegen einer Agranulozytose ist die Behandlung mit Metamizol sofort zu beenden, bei vorbestehenden Störungen des blutbildenden Systems darf Metamizol gar nicht erst angewendet werden. Das Differenzialblutbild sollte laut BfArM schon während der Behandlung auf das Vorliegen einer Neutropenie regelmäßig kontrolliert werden.

Arzneimittelbedingte Leberschäden

Auch sind Fälle von arzneimittelbedingten Leberschäden (DILI: drug induced liver injury) nach der Anwendung von Metamizol bekannt. Die beobachteten Leberschäden traten dabei wenige Tage bis Monate nach Behandlungsbeginn auf. Typische Symptome waren erhöhte Leberenzymwerte im Serum mit oder ohne Ikterus (Gelbsucht), häufig im Zusammenhang mit anderen Arzneimittelüberempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Hautausschlag, Blutbildveränderungen, Fieber und Eosinophilie) oder begleitet von
Merkmalen einer Autoimmunhepatitis. Das Risiko für einen Leberschaden bei Anwendung von Metamizol ist laut einer Studie höher als bei Paracetamol bei korrekter Anwendung. Insgesamt wird das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Metamizol aber positiv bewertet.

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