Bulgarien

Parlament knickt vor McCreevy ein

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Das bulgarische Parlament hat das EU-Mahnschreiben zum Anlass genommen, seine Beschränkungen für den Betrieb von Apotheken aufzuheben. Herausgekommen ist allerdings ein Kompromiss, der auch EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy kaum zufriedenstellen wird: So darf in Bulgarien künftig jedermann Apotheken betreiben - allerdings maximal vier Filialen.

Am 31. Juli stimmte das Parlament in Sofia über die Gesetzesänderung ab. 94 Abgeordnete votierten für eine Aufhebung des - erst vor einem Jahr und vom selben Parlament eingeführten - Fremdbesitzverbotes. 70 Abgeordnete stimmten gegen die Liberalisierung, 19 Parlamentarier enthielten sich.

Bis zuletzt hatte die Apothekerkammer versucht, die Abgeordneten über die Gefahren der Kettenbildung sowie die Hintergründe des EU-Verfahrens aufzuklären. Die bulgarischen Apotheker hatten internationale Rückendeckung: Eine Erklärung für das Parlament unterzeichneten ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf, Repräsentanten der Apothekerkammern Österreichs, Italiens und Griechenlands sowie PGEU-Generalsekretär John Chave.

Im Juni hatte die EU-Kommission ein Mahnschreiben an die bulgarische Regierung geschickt, in dem in gewohnter Manier das Fremdbesitzverbot als nicht vereinbar mit EU-Recht kritisiert wurde. Doch anstatt auf die Vorwürfe der Kommission zu antworten, hätten die Politiker in der Hoffnung auf Frieden mit Brüssel jetzt Fakten geschaffen, so die bulgarischen Apotheker.

Jedem Beobachter dürfte indes klar sein, dass McCreevy sich mit dem Kompromiss kaum zufrieden geben wird: Auch Portugal hatte vor zwei Jahren das Fremdbesitzverbot für Apotheken aufgehoben und den Mehrbesitz von bis zu vier Apotheken zugelassen. Nach der Beschwerde eines internationalen Kettenkonzerns hatte die Kommission Ende Januar parallel zu Berlin auch Lissabon angeschrieben und die - mit Bulgarien fast deckungsgleichen - Vorschriften moniert.

Auch die Bildung großer Apothekenketten und Oligopole wird sich kaum, wie von den Abgeordneten erhofft, mit den neuen Vorschriften verhindern lassen. Denn wie in anderen osteuropäischen Ländern gibt es auch in Bulgarien keine Beschränkung, wie viele Holding- oder Betreibergesellschaften für Apotheken eine Person oder ein Unternehmen besitzen darf. Ausgeklügelten Beteiligungsgeflechten wird das neue Gesetz kaum standhalten - gegebenenfalls werden Verwandte formal in den Kettenbetrieb eingebunden.

Weil in Bulgarien bis vor einem Jahr zwar die Lizenz für den Betrieb einer Apotheke ausschließlich Pharmazeuten vorbehalten gewesen war, die tatsächlichen Besitzverhältnisse aber letzten Endes keine Rolle spielten, ist der Apothekenmarkt bereits heute stark vertikal strukturiert. Um den Vormarsch der Pharmafirmen zu stoppen, hatte das Parlament im März 2007 ein striktes Fremdbesitzverbot eingeführt; für die bestehenden, oft als Franchise-Konzepte getarnten Ketten waren Übergangsfristen eingeführt worden.

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