Risikogruppen schützen

Hausärzte empfehlen keine Tests in Apotheken

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Berlin -

In der vergangenen Woche forderten die Hausärzte in Bayern angesichts steigender Infektionszahlen und Nachfragen nach Corona-Tests mehr Unterstützung. Eine Testung in Apotheken stelle jedoch keine adäquate Lösung dar. Nicht, dass die Ärzte den Apothekern die Durchführung nicht zutrauen, doch auch hier müssten Risikogruppen bestmöglich geschützt werden. Laut dem Landesvorsitzenden Dr. Markus Beier müssten die Entlastungen eher bürokratischer Natur sein. 

„Es müssen umgehend Maßnahmen greifen, die uns in der Praxis entlasten“, teilte der Bayerische Hausärzteverband vergangenen Donnerstag mit. Gerade weil die Hausarztpraxis oft die erste Anlaufstelle sei, ergebe sich eine Mehrfachbelastung. Verbandschef Dr. Markus Beier stellt hierbei klar, dass die reine Durchführung des Tests nicht das Problem sei – dieser würde nur einen kurzen Moment dauern. Viel schwieriger sei die Bewältigung der Bürokratie. „Ich will gar keine Konkurrenz zwischen Ärzten und Apothekern schüren. Ich denke es ist aktuell einfach nicht nötig und epidemiologisch wenig sinnvoll, die Testungen auf Apotheken auszuweiten. Wenn wir von Entlastung sprechen, dann meinen wir vor allem bürokratische Entlastungen.“

Die neue Teststrategie sieht vor, dass mehr Personen als bisher mittels PCR-Test, aber vor allem auch mittels Antigen-Schnelltest auf Sars-CoV-2 getestet werden sollen. Hierbei sei vor allem die Abrechnung das Problem: „Aktuell gibt es fünf oder sechs verschiedene Abrechnungswege für die Arztpraxen. Um die Praxen zu Entlastung sollte es ein allgemeingültiges Formular geben. Selbst routinierte Teams benötigen für die Nacharbeit trotz Arbeitsteilung um die zehn Minuten.“ Ständig kämen neue Regeln hinzu. Der Frust in einigen Praxen sei groß, denn der normale Praxisalltag muss ebenfalls weiterlaufen.

Das gleiche gelte auch für die Apotheken. Somit spricht sich der Bayrische Hausärzteverband gegen eine Testung in der Offizin aus: „Ich würde nicht empfehlen, Abstriche in Apotheken durchzuführen. Auch hier gehen Risikogruppen täglich ein und aus. Diese müssen vor einer Infektion geschützt werden. Sicherlich haben große Apotheken die Möglichkeit, die Testungen in abgegrenzten Räumen durchzuführen, das gilt aber nicht für alle.“ Für die Hausärzte wurden in den vergangenen Wochen zahlreiche Leitlinien und Handlungsanweisungen ausgearbeitet, so dass Corona-Tests sicher durchgeführt werden können. „Die Arztpraxen versuchen, durch eigene Abstrich-Sprechstunden die anderen Patienten zu schützen. Einige Praxen gehen sogar noch einen Schritt weiter und spalten die Zeiten für Abstriche noch weiter auf, sodass symptomatische und asymptomatische Patienten getrennt voneinander getestet werden.“

Beier ist durchaus der Meinung, dass die reine Durchführung auch durch andere Berufsgruppen als allein durch Ärzte erfolgen kann: „Ich denke, dass auch andere Berufsgruppen solch einen Test durchführen können. Speziell geschulte MFA oder Rettungssanitäter führen diese Abstriche an einigen Stellen der bayrischen Teststraßen bereits durch.“ Unter bestimmten Bedingungen geht Beier sogar noch einen Schritt weiter: „Ich traue es auch dem Patienten in Eigenregie zu. Immer da, wo kein zeitnaher Abstrich in der Praxis erfolgen kann, kann die Durchführung eines Abstriches für einen PCR-Test, durch den Patienten selbst, eine Alternative sein. Hierfür stehen bereits bebilderte Anleitungen und Videos zu Verfügung.“ Kann ein Patient nicht zeitnah in eine Praxis gelangen, so kann ein Familienmitglied oder ein Freund das Testkit in der Praxis abholen und an den Kranken, ohne direkten Kontakt, übergeben.

Doch eine Grenze zieht der Mediziner ganz klar: Patienten mit Symptomen gehören für ihn eindeutig in die Arztpraxis. Hier könnte dann, insofern notwendig, direkt eine geeignete Therapie eingeleitet werden. Und es dürfte auch nicht vergessen werden, dass Symptome wie Fieber und Husten auch bei der Influenza auftreten. In der Arztpraxis kann auch eine Differentialdiagnostik durchgeführt werden. „Ich spreche mich klar dafür aus, dass symptomatische Patienten in die Hände eines Arztes gehören“, so Beier, „Dieser kann dann, unabhängig vom Testergebnis, weitere Behandlungsschritte einleiten.“ Auch der Schutz des Personals dürfte nicht unterschätzt werden: „Neben der persönlichen Schutzausrüstung muss auch das Material jeder Probe als potentiell infektiös angesehen werden. Das bedeutet, dass auch die Entsorgung besonderen Regeln unterliegt. FFP2- oder FFP3-Maske, sowie ein Visier, gelten als Mindestempfehlung für die Durchführung. Ob ein Einmal-Schutzkittel zwingend erforderlich ist, wird gerade diskutiert und wissenschaftlich untersucht.“

Ein weiteres Thema treibt den Mediziner auch noch um: Der Verkauf von Coronatests im Internet. „Über den Verkauf von Antikörpertests über das Internet sind Ärzte und Apotheker sicherlich gleichermaßen wütend. Der Hausärzteverband hat von Anfang an vor einem flächendeckenden Einsatz dieser Tests abgeraten. Die Zuverlässigkeit von Antikörper-Schnelltests ist nicht immer gut. Dementsprechend könnten sich Menschen in falscher Sicherheit wiegen.“ Hier sollten Ärzte und Apotheker zusammenarbeiten. Patienten müssten über die Grenzen der Selbsttests informiert werden. Einen schnellen Online-Kauf gilt es durch Aufklärung bestenfalls zu vermeiden.

 

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