Interessenvertretung

MSD: Licht in die Lobby

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Berlin -

Der Begriff Lobbyismus soll aus der Schmuddelecke raus, das wollen Konzerne und Verbände. Deswegen hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) zusammen mit Transparency International (TI) eine Initiative für die Einführung eines Interessenvertretungsgesetzes gestartet. Der Pharmakonzern MSD Sharp & Dohme versucht unterdessen, auf eigene Faust mehr Vertrauen zu gewinnen.

Viel Glas und offene Türen: So präsentiert MSD sein neues Büro in Berlin-Mitte – in fußläufiger Entfernung zum Gesundheitsministerium, mit Blick auf Kanzleramt und Reichstag. Die sechs Mitarbeiter der Politikabteilung sitzen dort in einem von außen einsehbaren Bereich uns sollen so maximale Transparenz symbolisieren. „Wir wollten nicht mehr in einem kleinen Büro im sechsten Stock eines anonymen Hochhauses sitzen, sondern offen für jedermann sein“, erklärt eine Konzersprecherin. Vielmehr soll das neue Büro eine „Plattform zum offenen Austausch bieten“.

Dass dieser nicht immer harmonisch verläuft, liegt in der Natur der Sache. Vom AMNOG über Zulassungsfragen bis hin zu Engpässen wolle man das neue Forum auch nutzen, um eigene Meinungen nach außen zu tragen, statt nur hinter verschlossenen Türen zu kommunizieren. „Wir wollen als Partner wahrgenommen werden“, so die Sprecherin. „Dabei ist durchaus auch ein konfrontatives Miteinander möglich.“

Das sollte bei der Eröffnung des neuen Lobbybüros demonstriert werden: Auf dem Podium diskutierten MSD-Deutschlandchefin Susanne Fiedler und die SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Katzmarek mit der deutschen TI-Vorsitzenden Edda Müller über das Spannungsfeld von Interessenvertretung und Vertrauensverlust. „Wir sind bereit, öffentlich zu machen, mit wem wir wann sprechen“, versichert MSD.

Damit zollt der Konzern offensichtlich dem Zeitgeist Tribut. Mitte der Woche sorgte Müller für Verwunderung, als ihre Organisation ein Eckpunktepapier veröffentlichte, in dem ein umfassendes Interessenvertretungsgesetz gefordert wird – denn als Partner hat sich ausgerechnet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) daran beteiligt.

NGO und Verband fordern in ihrem Papier ein verpflichtendes Transparenzregister, das die Bundesregierung noch in dieser Legislaturperiode einführen soll. Darin solle „aufgezeigt werden, welche Lobbyorganisationen bei der Gesetzesvorbereitung beteiligt waren, welche Interessen bei deren Abwägung durch Bundesregierung und Bundestag in die Abfassung eines Gesetzes eingeflossen sind und welche nicht.“ Das Register soll quasi ein Update des seit 1972 bestehenden öffentlichen Verbänderegisters sein. „Es erscheint sinnvoll, die geltenden Transparenzregelungen auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und der heutigen Zeit anzupassen“, so das Eckpunktepapier.

Dazu sollen Register und zugehöriges Gesetz vier wesentliche Elemente umfassen: Eine Registrierungspflicht für alle, „die hauptberuflich der Tätigkeit der Interessenvertretung nachgehen“, die Erstellung von Profilen über deren Tätigkeitsfelder , die Offenlegung von aufgewendeten Finanzmitteln über 50.000 Euro sowohl von als auch an die jeweiligen Interessenvertretungsorganisationen. Außerdem solle das Register für jedermann frei einsehbar sein. „Hierbei ist es wichtig, den Zugang zu den Daten so einfach und unkompliziert wie möglich zu gestalten.“

Auch Sanktionsmöglichkeiten fordern beide gleichermaßen: Verstoßen Vertreter gegen den Verhaltenskodex, der Teil des Gesetzes werden soll, würden Maßnahmen gegen sie ergriffen. Der verbindliche Verhaltenskodex, der das Gesetz ergänzen soll, umfasst dabei die Identifizierbarkeit, Integrität, Aktualität der angegebenen Informationen sowie ein allgemeines Ethos. Dieses soll Lobbyisten verpflichten, „mit Informationen beziehungsweise Beschlüssen nicht in unlauterer Weise umzugehen“. Verstoßen Lobbyvertreter dagegen, solle ihnen schlimmstenfalls der Zugang zu politischen Institutionen versperrt und die Teilnahme an öffentlichen Anhörungen verboten werden.

Eine „allgemeine und kontextlose Berichtspflicht“ für Abgeordnete lehnen NGO und Verband hingegen ab, da sie in eine „uferlose Bürokratie münden“ würde. Vielmehr fordern sie einen „legislativen Fußabdruck“: Das gegenwärtige Verfahren der Verbändeanhörung solle um ein Online-Konsultationsverfahren ergänzt werden. Darin würden federführende Ministerien und Interessenvertreter ihre Beteiligungen an Gesetzesentwürfen offenlegen – ähnlich wie es auf EU-Ebene bereits seit Jahren üblich sei.

Unterschiedliche Auffassungen vertreten VCI und TI hingegen bei der Forderung nach der Einführung eines „Lobbybeauftragten“. Dass es diesen braucht, darin sind sie sich noch einig. Wer den Posten ausfüllt und welche Kompetenz er dabei vertritt, ist jedoch Gegenstand der Uneinigkeit. TI will Lobbydelegierte der einzelnen Fraktionen und einen Bundeslobbybeauftragten, der die Kompetenz hat, „sowhl gegenüber dem Bundestag als auch gegenüber der Bundesregierung die Umsetzung des Interessenvertretungsgesetzes zu kontrollieren“. Der VCI hingegen sieht im Amt des Lobbybeauftragten nur eine Kompetenz, die zusätzlich dem Bundestagspräsidenten zugeschlagen werden soll.

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