Millionen für Abrechnungsaufwand

Bürgertests: Geldregen für KVen

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Berlin -

Bei den Bürgertests haben Betrüger einen Milliardenschaden verursacht. Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) stehen in der Kritik, in Berlin etwa gibt es schwere Vorwürfe: Teststellen seien nur „sporadisch“ kontrolliert worden, kein einziger Verdachtsfall sei übermittelt worden. Haben sie zu wenig hingeschaut, weil sie selbst von den Abrechnungsgebühren profitiert haben?

Rund 10,7 Milliarden Euro wurden bis 15. März für Leistungen aufgrund der Coronavirus-Testverordnung (TestV) ausgezahlt, bis zum 19. April soll der Betrag schon auf rund 12,3 Milliarden Euro gestiegen sein. Falsch abgerechnet wurde im großen Stil, wie sich immer wieder herausstellt. Der finanzielle Schaden geht laut Ermittlern wohl über eine Milliarde Euro hinaus.

Die Gründe für das hohe Ausmaß sind vielfältig. Einerseits gab es keine Qualitätskriterien, auch Kneipen oder Shisha-Bars konnten kurzerhand umfunktioniert werden – und verdienten teilweise deutlich mehr als im regulären Betrieb. Da die Abrechnung außerdem auf einer Selbstauskunft beruhte und es kaum Kontrollen gab, wurden auch Betrüger regelrecht angezogen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat angekündigt, endlich einzugreifen. Wie er das machen will, hat er noch nicht verraten.

Auch die KVen, über die die Abrechnung an das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) läuft, haben dank des Verwaltungskostensatzes viel Geld eingenommen, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der AfD-Fraktion zeigt:

  • Baden-Württemberg: 24,9 Millionen Euro
  • Bayern: 29,4 Millionen Euro
  • Berlin: 11,9 Millionen Euro
  • Brandenburg: 2,7 Millionen Euro
  • Bremen: 0,9 Millionen Euro
  • Hamburg: 4,9 Millionen Euro
  • Hessen: 13,2 Millionen Euro
  • Mecklenburg-Vorpommern: 2,0 Millionen Euro
  • Niedersachsen: 10,4 Millionen Euro
  • Nordrhein: 27,0 Millionen Euro
  • Rheinland-Pfalz: 6,2 Millionen Euro
  • Saarland: 2,2 Millionen Euro
  • Sachsen: 5,0 Millionen Euro
  • Sachsen-Anhalt: 2,4 Millionen Euro
  • Schleswig-Holstein: 6,2 Millionen Euro
  • Thüringen: 1,5 Millionen Euro
  • Westfalen-Lippe: 21,7 Millionen Euro

Gab es Interessenkonflikte? Laut Bundesregierung fordern die KVen die gezahlte Vergütung zurück, wenn diese zu Unrecht ausgezahlt wurde. „Diese Rückerstattungsbeträge werden durch die KVen gemeinsam mit den noch nicht an die abrechnenden Stellen ausgezahlten Beträge an das BAS zurückgezahlt.“ Verwaltungskosten, die die KVen im Zusammenhang mit bereits abgerechneten Testungen einbehalten haben, werden dagegen nicht an das BAS zurückerstattet.

Die Bundesregierung verweist auf die Plausibilitätsprüfung, die alle Abrechnungen betrifft. Daneben führten die KVen anlassbezogen erweiterte Prüfungen durch. „Diese umfassen unter anderem eine vertiefte Prüfung der ordnungsgemäßen Durchführung und Abrechnung der Testungen. Ein Anlass kann einerseits in einer Auffälligkeit im Rahmen der vorgeschalteten Plausibilitätsprüfung bestehen oder aufgrund von Hinweisen Dritter. Zudem sind 1 Prozent aller Leistungserbringer aufgrund einer zufälligen Stichprobe vertieft zu prüfen.“

Zahlen, wie hoch der Schaden ist, hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nicht. Nach Angaben der Bundesregierung aus dem April sollen bis Mitte März gerade einmal 2,8 Millionen Euro zurückgezahlt worden sein – und zwar in fünf Ländern (Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Baden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz).

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