Embolischer Schlaganfall

Studienabbruch: Rivaroxaban nicht besser als ASS

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Berlin -

Bayer bricht Phase-III-Studie ab: NAVIGATE ESUS sollte die Überlegenheit von Xarelto (Rivaroxaban, Bayer) gegenüber Acetylsalicylsäure (ASS) bei Patienten mit embolischem Schlaganfall unklarer Ursache belegen. Eine Zwischenanalyse führte jedoch zum vorzeitigen Aus.

Embolic stroke of undetermined source (ESUS) lautet die Bezeichnung für Schlaganfälle, deren Ursache nach ausgiebigen Untersuchen ungeklärt bleibt. Alle bekannten vaskulären und kardialen Ursachen wurden ausgeschlossen. Die Studie sollte die Überlegenheit von Rivaroxaban gegenüber ASS in dieser Indikation belegen, denn für die Behandlung der Betroffenen stehen nur wenige Therapieoptionen zur Verfügung, „und die Rolle der Gerinnungshemmer in diesem Bereich bleibt weiterhin unklar“, so Dr. Jörg Möller, Leiter der Entwicklung bei Bayer.

NAVIGATE ESUS untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit von Rivaroxaban zur Sekundärprävention von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei ESUS-Patienten. Die Probanden unterschieden sich somit in ihrer Erkrankung von den bereits zugelassenen Indikationen. Insgesamt nahmen 7214 Probanden in 459 Studienzentren in 31 Ländern an der Studie teil. Die Patienten wurden entweder mit 15 mg Rivaroxaban oder 100 mg ASS behandelt. Ein unabhängiges Data Monitoring Committee (IDMC) empfahl nach einer planmäßigen Zwischenanalyse, die Studie vorzeitig zu beenden.

Die Wirksamkeit von Rivaroxaban war mit ASS vergleichbar, daher gab es „nur geringe Aussichten auf einen klinischen Nutzen bei Fortsetzung der Studie“, so Bayer. „Die Blutungsraten waren insgesamt niedrig. In der Rivaroxaban-Gruppe waren sie höher als in der Gruppe, die mit niedrig dosiertem ASS behandelt wurde.“

Bayer kann somit auf keine neue Indikation für Xarelto hoffen. Das Arzneimittel ist bislang unter anderem zur Prophylaxe von Schlaganfällen und systemischen Embolien bei Erwachsenen mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und Risikofaktoren sowie zur Behandlung tiefer Venenthrombosen und Lungenembolien zugelassen.

Rivaroxaban ist ein hoch selektiver, direkter Inhibitor von Faktor Xa. Die Hemmung unterbricht den intrinsischen und extrinsischen Weg der Blutgerinnungskaskade. Die Bildung von Thrombin und Thrombenbildung werden gehemmt. Auf die Thrombozyten nimmt der Arzneistoff keinen Einfluss.

Ende August meldete Bayer noch einen Erfolg für die Compass-Studie. Die großangelegte klinischen Untersuchung lieferte Daten, die belegen, dass Xarelto das Risiko von Schlaganfällen und Infarkten bei chronisch herz- und gefäßkranken Patienten deutlich senken kann. Die Studie zählte 27.400 Probanden in mehr als 60 Ländern und startete 2013.

Bei der untersuchten Dosierung von 2,5 Milligramm Xarelto zweimal täglich kombiniert mit 100 Milligramm Aspirin einmal täglich habe das Risiko von Schlaganfällen, kardiovaskulären Todesfällen sowie Infarkten um 24 Prozent gesenkt werden können, hieß es. Das Risiko von Schlaganfällen alleine sank demnach um 42 Prozent.

Bayer arbeitet an den nötigen Genehmigungen für die Indikationserweiterung. „Wir streben an, den Zulassungsantrag noch in diesem Jahr zu stellen“, teilt Bayer mit. Untersucht wurde auch die Gabe von zweimal 5 Milligramm Xarelto täglich ohne Aspirin, jedoch waren die Unterschiede zu der geringeren Dosierung nicht statistisch.

Bayer entwickelt Xarelto zusammen mit dem US-Partner Janssen Research, einer Tochter des US-Gesundheitskonzerns Johnson & Johnson. Bayer besitzt die Vermarktungsrechte außerhalb den USA. Xarelto hat dem Konzern im vergangenen Jahr weltweit etwa drei Milliarden Euro Umsatz in die Kassen gespült und ist damit das umsatzstärkste Medikament.

In den USA sieht sich Bayer jedoch auch tausenden Patientenklagen gegenüber, die dem Medikament die Schädigung der Gesundheit vorwerfen. Bayer hat die Anschuldigungen stets zurückgewiesen. Ein erstes Urteil im Mai fiel zu Gunsten von Bayer und seinem Partner Janssen aus.

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