Mögliches Resistenz-Reservoir

Antibiotikaresistenzen: Neues Forschungskonzept entwickelt

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Krems -

Zwei aktuelle Studien legen nahe, dass für den Nachweis antibiotikaresistenter Bakterien in der Donau Biofilme in Flüssen bessere Indikatoren als das Wasser selbst seien könnten. Maßgeblich dafür verantwortlich: Humane fäkale Verschmutzungen entlang des Flusses. Forschende der Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in Krems und dem ICC Water & Health Wien waren federführend.

Jährlich sterben in Europa tausende Menschen an den Folgen einer Infektion mit antibiotikaresistenten Bakterien, verursacht durch exzessiven Antibiotikaeinsatz in Medizin und Landwirtschaft. Krankenhäuser sind weltweit die Hauptorte für die Verbreitung und Entwicklung, da hier resistente Bakterien zwischen den Patienten übertragen werden. Klinische Abwässer gelangen über Kläranlagen in natürliche aquatische Ökosysteme, wodurch Bakterien in Flüsse und Seen kommen.

Für die Untersuchung der Verbreitung von Antibiotikaresistenzen (ABR, Resistenz von Bakterien gegen Antibiotika) entlang der Donau kombinierten die Wissenschaftler:innen zwei Forschungsmethoden miteinander: Eine molekulargenetische Methoden zur Bestimmung der ABR mit moderner Diagnostik für fäkale Verunreinigung und wichtigen Umwelt- und chemischen Parametern. Dies ermöglichte den Forschenden die Dynamik von Antibiotikaresistenzen zu erfassen und die Hauptverursacher sowie Hotspots zu bestimmen.

Studie 1: Biofilm oder Wasser?

Prof. Andreas Farnleitner, Leiter des ICC Water and Health an der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems und der Technischen Universität Wien, erklärt: „E. coli ist dafür ein sehr gut geeigneter Modellorganismus: Er ist als Haupterreger von Harnwegsinfekten weit verbreitet, besiedelt oft auch undichte Harnkatheter von Klinikpatientinnen und -patienten, wird in Gewässern als Indikator für ABR verwendet und von der WHO als Anzeiger für Antibiotikaresistenz empfohlen. Insgesamt haben wir 697 Patienten-, 489 Wasser- und 440 Biofilm-Isolate auf ihre Empfindlichkeit gegenüber 20 Antibiotika untersucht und haben so Resistenzmuster erhalten.“

In Summe wiesen die Ergebnisse auf eine eher moderate Resistenzsituation in Österreich hin: Trotz höherer Resistenzniveaus bei humanen Isolaten verglichen mit Flussproben waren Resistenzen gegen starke Reserveantibiotika wie Meropenem und Tigecyclin selten. Im Biofilm wurden trotz geringer Resistenzunterschiede zu Wasserproben einige Bakterienisolate identifiziert, die gegen wichtige Antibiotika resistent waren und Träger von ESBL-Genen waren. ESBL steht für „Extended-Spectrum Beta-Lactamase“ und bedeutet, dass diese Bakterien Enzyme produzieren, die gegen viele Beta-Lactam-Antibiotika resistent sind, was die Behandlung von Infektionen erschwert. Somit ist möglicherweise der Biofilm ein besserer Indikator für den Einfluss klinischer Umgebungen auf die ABR in Flüssen als das Wasser selbst.

Studie 2: Vorkommen und Verbreitung

Große Flüsse sind für die globale Verbreitung von ABR entscheidend, da sie stark von Abwassern belastet und gleichzeitig wichtige Lebensadern sind. Ein detailliertes Verständnis von Vorkommen, Verbreitung und Hauptverursachern von ABR in Flussläufen fehlte bisher, was Forschende der zweiten Studie zur Donau erforschten. Sie untersuchten raumzeitliche Muster und Hotspots antibiotikaresistenter Gene (ARGs) entlang 2.311 km der Donau. Kombiniert wurde dies mit einer flächenmäßigen und zeitliche Überwachungskampagne.

Prof. Alexander Kirschner, Forscher an der MedUni Wien, der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems sowie stellvertretender Leiter des ICC erklärt: „Das so gewonnene umfassende Verständnis bildet die Grundlage für ein gezieltes Management zur Reduzierung der Verbreitung von ABR in Flussgebieten. Wir präsentieren den ersten umfassenden ARG-Datensatz entlang der Donau, der dazu beitragen wird, zukünftige Trends zu bewerten.“ Für ein besseres Verständnis der Verbreitung und Dynamik von ABR sollten diese auch in anderen Umweltkompartimenten wie Flussbiofilmen oder Sedimenten erforscht werden, da sie potenzielle langfristige Reservoire sein könnten.

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