Hurricane-Festival

Schlammverkrustete Apothekenkunden

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Berlin -

Das Hurricane-Festival findet seit 1997 jeden Sommer im niedersächsischen Scheeßel statt. Auch diesen Freitag wird es etwa 70.000 Musikfans in die kleine Stadt ziehen. In diesem Jahr nehmen die Scheeßeler Apotheken an der Aktion „Schaufenster Hurricane“ teil und stellen Festivalfotos in ihren Schaufenstern aus. Hans-Erik Meyer, Inhaber der Beeke-Apotheke, und seine Mitarbeiter begrüßen die Musikfans zudem mit „Survival-Päckchen“.

Meyer hat sich auf die Festival-Besucher eingestellt, die ab Donnerstagmittag durch die Stadt ziehen – er erkenne sie problemlos: „Sie sind zwar alles andere als uniformiert, aber dennoch auffällig angezogen – und meist schlammverkrustet.“ Denn am Hurricane-Wochenende regne es fast immer.

In den Notfallpäckchen, die die Apotheke ausgibt, befinde sich beispielsweise eine Probe Sonnenschutzmittel, Anti-Mückengel, Pflaster und Magnesium. Besonders begehrt seien die Einmal-Zahnbürsten. „Manche Kunden sehen recht angeschlagen aus, wenn sie hier hereinkommen. Über das Survival-Paket freuen sich alle“, erzählt Meyer. In diesem Jahr seien die Musikfans aber bereits mit einem Supermarkt direkt auf dem Festgelände bestens versorgt.

Wer seine Apotheke zur Festivalzeit betrete, frage selten nach Kopfschmerzmitteln, auch wenn man das vermuten würde, sagt Meyer. Die meisten bräuchten stattdessen Antiallergika: „Die jungen Leute haben an alles gedacht, was ihr Zelt und die Grillausstattung betrifft – aber vergessen, dass sie Allergiker sind und auf einem Feld feiern wollen“, so der Apotheker.

Auch andere eher alltägliche Produkte würden verstärkt nachgefragt, beispielsweise Kontaktlinsenlösung oder Augentropfen wegen der staubigen Luft. Auch Gehörschutz aus Silikon, der beim Schwitzen nicht verrutsche, habe er vorrätig. Reinigungstücher verkaufen sich so gut, dass Meyer sie extra aufgestockt hat. „Jeder weiß schließlich, wie unangenehm Dixie-Klos sind“, sagt der Apotheker. Auch die „Pille danach“ habe er in höherer Menge bestellt: „Mal sehen, wie das in diesem Jahr wird.“

Meyer leitet die Beeke-Apotheke seit 2001. „Am kommenden Wochenende leisten wir zwar keinen Notdienst, aber wir waren natürlich schon einmal während des Festivals an der Reihe.“ Damals habe er sich auf etwa 200 Kunden eingestellt, schließlich habe die Veranstaltung inzwischen jedes Jahr etwa 70.000 Besucher. Doch es sei erstaunlich ruhig geblieben, erinnert er sich.

Das liege an der guten Primärversorgung auf dem Festgelände, sagt Meyer. Auch bei der Medikamentenversorgung gebe es keine Probleme, die Großhändler kämen ohne Verzögerungen durch die Straßen. „Das ist top organisiert“, findet er.

Aber es sei zu äußerst kuriosen Situationen gekommen. Für Abwechslung sorgten etwa Fans der Band Deichkind, die in bunten Ganzkörperanzügen die Apotheke betreten haben. „Einmal suchte uns ein Mann auf, dessen Nase gebrochen war. Er fragte nach einem Arzt. Kurz darauf sahen wir, wie er gegen die Glastür der Bank gegenüber lief – mit der schon gebrochenen Nase“, erinnert sich Meyer.

Ein anderer Musikfan hatte sich ausgerechnet den Zebrastreifen vor der Apotheke ausgesucht, um seinen Rausch auszuschlafen. „Wir hatten zunächst Angst, dass man ihn angefahren hatte. Wir hatten Kunden bedient und nicht bemerkt, wie er sich hingelegt hatte“, so Meyer. Die Polizei konnte den Mann zum Aufstehen bewegen.

„Es ist eine aufregende Zeit. Während des Festivals arbeiten wir alle besonders gerne“, sagt Meyer. Er selbst habe auch selbst schon einmal das Hurricane besucht. Dabei sei es ihm aber weniger um die Musik gegangen, denn meist kenne er höchstens zwei der auftretenden Bands. „Doch es passiert einfach viel, es gibt zum Beispiel ein Riesenrad und Essen aus aller Welt. Es ist ein Ereignis“, fasst Meyer zusammen.

Erstmals in diesem Jahr gibt es eine Schaufenster-Aktion, eine Idee des Gewerbevereins, um die Unterstützung Scheeßels für das Fest zu signalisieren. In der Sonnen-Apotheke hängen drei der insgesamt 160 Ausstellungsfotos mit Eindrücken von den vergangenen Hurricane-Festivals und ein Bandshirt.

Die Meyerhof-Apotheke beherbergt zwei Bilder, daneben sind stilecht ein Campingstuhl und ein Schlafsack drapiert. „Das Festival hat sich leider aus dem Ort auf das Gelände zurückgezogen. Die Gewerbeschaffenden wollen mit der Aktion ihre Unterstützung zeigen und wieder enger in die Veranstaltung eingebunden werden“, erklärt Inhaber Dr. Dierk Westphal.

Apotheker Meyer: „Es tut Scheeßel gut, wenn das Hurricane-Festival hier durchfegt.“ Wie die Sonnen-Apotheke und die Meyerhof-Apotheke stellt er Fotos aus, im Schaufenster und Verkaufsraum seiner Apotheke hängen sogar 13 Bilder. Die Bilder werden vom 12. bis zum 26. Juni in knapp 50 Scheeßeler Geschäften präsentiert. Die einzelnen Ausstellungsorte sind in einem Stadtplan verzeichnet.

Das Hurricane-Festival findet seit der Premiere im Jahr 1997 auf der Motorrad-Rennbahn Eichenring bei Scheeßel statt. In diesem Jahr treten die Musiker vom 19. bis zum 21. Juni auf, wobei bereits am Donnerstag eine Warm-Up-Party das Musikfest eröffnet hat. Mit 70.000 Besuchern zählt das Hurricane zu den größten Musikfestivals Deutschlands. Headliner sind 2015 Placebo, Florence + The Machine, Marteria und Paul Kalkbrenner.

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