Interview Betapharm

„Es gibt keine Zufälle in den Rabattverträgen“

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Die AOK droht Apotheken, die Rezepte über Metoprolol-Succinat falsch bedruckt haben, mit dem Staatsanwalt und hohen Strafen. Die Fehler bei der Abrechnung waren aufgefallen, weil der AOK-Rabattpartner Betapharm das Präparat neu eingeführt hat und bis heute noch nicht liefern kann. So mancher Apotheker sieht eine Teilschuld deshalb auch bei dem Hersteller. APOTHEKE ADHOC sprach mit Betapharm-Geschäftsführer Michael Ewers über Strafen für Apotheker, Lieferausfälle und den eigenen Imageschaden.

ADHOC: Die Apotheken sind sauer: Weil Sie mit ihrem Rabattarzneimittel nicht lieferfähig sind, drohen ihnen hohe Strafen.
EWERS: Natürlich stehen wir in der Verantwortung zu liefern, gerade bei Rabattarzneimitteln. Aber man muss das schon sauber auseinander halten. Wir können nicht für die kurzen Vorlaufzeiten der Rabattverträge der AOK verantwortlich gemacht werden. Auch nicht dafür, dass jemand in der Apotheke falsch bedruckt.

ADHOC: Sollten die Apotheker aus Ihrer Sicht dafür bestraft werden?
EWERS: Das ist nicht unser Ziel. Für uns als Hersteller ist wichtig, dass Lücken in der Dokumentation geschlossen werden. Weder an der Abrechnung der Produkte noch auf der verlässlichen Versorgungsqualität darf ein geringster Zweifel entstehen. Insgesamt möchte ich den Apotheken eher ein großes Lob aussprechen, weil sie täglich die Versorgung der Patienten sicherstellen.

ADHOC: Die AOK spricht von Gefahren für die Arzneimittelsicherheit.
EWERS: Über was reden wir denn? Etwa die Hälfte der Apotheken hat keine Fehler gemacht. Bei der anderen Hälfte gibt es noch einmal 60 Prozent, die nur in wenigen Fällen, also vermutlich aus Versehen, ein Rezept falsch bedruckt haben. Es gibt also fast 18.000 Apotheken, bei denen der Vorwurf, sie würden systematisch betrügen, vollkommen absurd ist. Solche Fehler passieren im Alltag - sei es durch Routine, Patientendruck oder Softwareinkompatibilitäten. Klar ist aber auch, das vorsätzliches Fehlverhalten nicht akzeptiert werden kann. Die aufgetretenen Fälle sind schon relevant - 30.000 Rezepte sind 30.000 Rezepte.

ADHOC: Stellt die AOK Apotheken zu Unrecht an den Pranger?
EWERS: Ich kenne nicht alle Zahlen. Aber die Kommunikation war sicherlich etwas unglücklich.


ADHOC: Haben Sie mit einem Imageschaden für Ihr Unternehmen gerechnet?
EWERS: Es ärgert mich schon, wenn wir in dieser Situation als Vertriebsfirma irgendeines indischen Herstellers hingestellt werden. Betapharm ist in Deutschland seit 1993 aktiv. Wir haben rund 100 Moleküle auf dem Markt und mit einem Monatsabsatz von 2,5 Millionen Packungen einen Marktanteil von etwa 4 Prozent. Im Übrigen bekommen wir Metoprolol-Succinat von einem spanischen Partner.

ADHOC: Wieso gibt es überhaupt Lieferausfälle?
EWERS: Man muss sich vor Augen führen, dass ein Hersteller innerhalb eines Monats mindestens 40 Prozent des Marktes abdecken muss. Wir haben bei der AOK-Runde zwölf Wirkstoffe gewonnen und den spontanen Nachfragesprung relativ gut gelöst - etwa bei Simvastatin. Bei vielen Herstellern gibt es gerade zum Start der Verträge immer wieder Engpässe. Die Lieferunfähigkeit von Metoprolol-Succinat hat stellvertretend die gestresste Situation in der Apotheke transparent gemacht. Leider werden wir derzeit nur als Stellvertreter dieses einen Moleküls wahrgenommen.

ADHOC: Also ist mit Startproblemen bei Rabattverträgen eigentlich immer zu rechnen?
EWERS: Es war auch aus Sicht der AOK absehbar, dass eine volle Lieferfähigkeit in der kurzen Zeit nicht überall gelingen würde. Daher regeln die Rabattverträge, dass die Hersteller erst ab dem vierten Monatsersten nach Zuschlagserteilung voll lieferfähig sein müssen. Ein sehr enges Korsett an Regelungen betrifft nicht nur die Preise, sondern auch die Lieferbedingungen. Es gibt keine Zufälle in den Rabattverträgen.

ADHOC: Wann ist Betapharm mit Metoprolol-Succinat lieferfähig?
EWERS: Wir arbeiten mit Hochdruck daran, Metoprolol-Succinat in ausreichender Menge so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen. Natürlich müssen wir dabei wie jeder andere Hersteller die pharmazeutischen Standards und die Qualität der Produkte garantieren. Eine Neueinführung dauert im besten Falle drei Monate - also im September wird geliefert.

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