Zuzahlungsclubs

Beihilfe zum Preisbrechen

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Berlin -

Der „Zuzahlungsclub“ Vivavita verstößt laut dem Landgericht Stuttgart gegen gesetzliche Vorgaben. Der Verein leiste Beihilfe bei der Verletzung der Preisbindung, so das Gericht. Vivavita erstattet seinen Mitgliedern die gesetzliche Zuzahlung, wenn diese ihre Arzneimittel bei einer Partnerapotheke einkaufen. Über Modell wird nicht zum ersten Mal vor Gericht gestritten.

Bei Vivavita zahlen gesetzlich oder privat Krankenversicherte einen Mitgliedsbeitrag von jährlich zwischen zehn und 104 Euro. Dafür erstattet ihnen der Verein die gesetzliche Zuzahlung ganz oder teilweise bei einer unbegrenzten Anzahl verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Zuzahlungsbefreite und Privatversicherte erhalten einen entsprechenden Bonus.

Die Partnerapotheken zahlen als „aktive Mitglieder“ an Vivavita einen Beitrag je nach Umsatzgröße, mindestens jedoch 1000 Euro jährlich. Nach Angaben des Vereins sollen rund 40 Apotheken mitmachen, nachprüfbar ist dies allerdings nicht.

Die Wettbewerbszentrale sieht in dem Angebot einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) und die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Vivavita helfe den Partnerapotheken bei der Umgehung der gesetzlichen Preisbindung. Denn der Verein erbringe für seine aktiven Mitglieder eine Leistung, die diesen untersagt sei. Für die passiven Mitglieder entstehe so ein erheblicher wirtschaftlicher Anreiz, die Rezepte in einer der Partnerapotheken einzulösen, so der Vorwurf.

Aus Sicht von Vivavita richtet sich das Verbot des Preiswettbewerbs dagegen nicht gegen Vereine, private Zusammenschlüsse von Zuzahlungspflichtigen seien nicht verboten. Die Finanzierung der Apotheken entspreche zudem nur 30 Prozent. Und im Premiumtarif gebe es überhaupt keine Bindung an bestimmte Apotheken.

Die Stuttgarter Richter gaben der Wettbewerbszentrale recht: Vivavita leiste Beihilfe zur Verletzung der Preisbindung, heißt es in dem Urteil vom 21. November. Es mache keinen Unterschied, dass nicht die Partnerapotheken selbst, sondern Vivavita als Mittelsmann den unzulässigen Preiswettbewerb zwischen Apotheken eröffne.

Laut dem LG Stuttgart beteiligen sich zudem die Apotheken mit ihrem Mitgliedsbeitrag aktiv an der Finanzierung des Modells: „Bei wirtschaftlicher Betrachtung gewähren die Partnerapotheken selbst den passiven Mitgliedern des Beklagten Preisvorteile“, heißt es zur Begründung. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, Vivavita kann noch vor das Oberlandesgericht Stuttgart ziehen.

Über den neueren Premiumtarif konnte das Gericht nicht urteilen, da dieser nicht Gegenstand der Anträge war. Hierbei zahlen die Mitglieder einen Jahresbeitrag von 100 Euro im Voraus, können dafür aber jede beliebige Apotheke aufsuchen. Vivavita erstattet die Zuzahlung dann im Nachhinein. Auf diesen Tarif, der allerdings bei vielen Kassenpatienten ohnehin an der Befreiungsgrenze liegen könnte, will sich der Verein laut Präsident Christopher Günter in Zukunft konzentrieren.

Die Wettbewerbszentrale war bereits in der zuvor wegen Vivavita und der ähnlich aufgestellten Deutschen Patienten Initiative (DPI) aktiv geworden, damals allerdings gegen die EU-Versandapotheke mit Sitz in Cottbus. Das Landgericht Cottbus verbot der Apotheke im Jahr 2010, für die Kooperation zu werben.

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