Festpreisbindung

Rx-Boni: Deutschland muss sich verteidigen

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Berlin -

Am 17. März verhandelt der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel in Deutschland – zumindest indirekt. In Luxemburg soll geklärt werden, ob das Rx-Boni-Verbot auch für ausländische Versandapotheken gilt. Die 1. Kammer des EuGH hat die Prozessbeteiligten aufgefordert, sich in der mündlichen Verhandlung auf die Rechtfertigung der deutschen Rx-Preisbindung zu konzentrieren.

Im Ausgangsverfahren ging es um ein Bonusmodell der Deutsche Parkinson Vereinigung (DPV) in Zusammenarbeit mit der Versandapotheke DocMorris. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hatte dem EuGH im März vergangenen Jahres drei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Ob es sich beim Rx-Boni-Verbot um eine Maßnahmen gleicher Wirkung handelt (Warenverkehrsfreiheit), wie diese zweitens zu rechtfertigen wäre und drittens, wie hoch die Anforderungen an eine solche Feststellung sein müssten.

Die erste Frage hält der EuGH anscheinend für entschieden, ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit wird demnach offenbar angenommen. Denn einem Schreiben an die Prozessbeteiligten heißt es: „Die Teilnehmer an der mündlichen Verhandlung werden gemäß Art. 61 Abs.2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs aufgefordert, ihre mündlichen Ausführungen auf die etwaigen Rechtfertigungsgründe für das deutsche System der Preisbindung bei in Apotheken abgegebenen verschreibungspflichtigen Humanarzneimitteln auf der Endverbraucherstufe zu konzentrieren.“ Der deutsche Gesetzgeber begründet die Preisbindung mit der flächendeckenden Arzneimittelversorgung. Ob dies stichhaltig ist, dürfte die Kernfrage in Luxemburg sein.

In der mündlichen Verhandlung erhalten die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, ihre in den schriftlichen Stellungnahmen dargelegten Argumente zu vertiefen. Die Vorträge sind auf 15 Minuten begrenzt. Jede Partei kann sich zu Wort melden, zudem alle EU-Länder, sofern sie dies wünschen. Außer Deutschland hatten die Niederlande, Italien und Schweden Stellungnahmen eingereicht. Nach Ende der Vorträge können von den EuGH-Richtern weitere Fragen gestellt werden. Üblicherweise gibt der Generalanwalt am Ende der mündlichen Verhandlung den Zeitpunkt der Veröffentlichung seiner Stellungnahme bekannt.

Einige Wochen später, wiederum in öffentlicher Sitzung, trägt der Generalanwalt dem Gerichtshof seine Schlussanträge vor. Darin schlägt er dem Gerichtshof „in völliger Unabhängigkeit“ die Entscheidung vor, die seiner Meinung nach in dem Rechtsstreit ergehen sollte. Damit ist die mündliche Phase des Verfahrens abgeschlossen. Die Richter beraten auf der Grundlage eines vom Berichterstatter erstellten Urteilsentwurfs. Jeder Richter kann Änderungen vorschlagen. Die Entscheidungen des Gerichtshofs werden mit Stimmenmehrheit gefasst; etwaige abweichende Meinungen werden nicht aufgeführt. Die Urteile werden in öffentlicher Sitzung verkündet.

Die Rx-Boni-Frage wird vor der Ersten Kammer des EuGH verhandelt. Je nach Gewicht des Rechtsstreit werden die Kammern mit 15, fünf oder drei Richtern besetzt. Die Rx-Boni-Frage wird von fünf Richtern entschieden. Daraus lässt sich schließen, dass der EuGH im Streit keine Grundsatzfrage sieht, allerdings auch keine Rechtsfrage von untergeordneter Bedeutung. Der Ersten Kammer gehören sechs Richter an: Rosario Silva de Lapuerta, Alexander Arabadjiev, Jean-Claude Bonichot, Carl Gustav Fernlund, Siniša Rodin und Eugene Regan. Fünf von ihnen werden die Verhandlung führen. Die Zusammensetzung der Ersten Kammer lässt keinen Rückschluss auf die Sichtweise des Gerichts zu. Die Kammern des EuGH sind zudem nicht nach Sachgebieten aufgeteilt.

Rosario Silva de Lapuerta ist Spanierin und Lizenziatin der Rechte der Universidad Complutense de Madrid. Die Juristin arbeitete im Madrider Verkehrs und Außenministerium bevor sie 2003 zum EuGH kam.

Alexander Arabadjiev ist Bulgare und hat in Sofia Rechtswissenschaften studiert. Bevor er 2007 zum EuGH wechselte, war er Richter am Obersten Gerichtshof und am Verfassungsgerichtshof (1991-2000). Außerdem war Arabadjiev Mitglied der Europäischen Menschenrechtskommission und EU-Abgeordneter von 2001 bis 2006.

Der Franzose Jean-Claude Bonichot studierte Jura an der Universität Metz. Neben juristischen Funktionen arbeitete Bonichot in der französischen Regierung. Er verfasste zahlreiche Veröffentlichungen zum Verwaltungsrecht, Gemeinschaftsrecht und europäischen Menschenrechtsschutz. Seit Oktober 2006 ist Bonichot Richter am EuGH.

Carl Gustav Fernlund studierte Jura an der schwedischen Universität Lund. Wie Bonichot absolvierte er verschiedene juristische und politische Stationen, bevor er in Schweden zum Richter am Obersten Verwaltungsgericht und später zum Präsident des Oberverwaltungsgerichts Göteborg berufen wurde. Richter am EuGH ist Fernlund seit dem 6. Oktober 2011.

Der Kroate Siniša Rodin erwarb seinen Doktor der Rechtswissenschaften an der Universität Zagreb, studierte aber auch in den USA. Er war Mitglied der kroatischen Kommission für die Verfassungsreform, Mitglied des kroatischen Verhandlungsteams für den Beitritt des Landes zur EU. Richter am EuGH ist er seit Juli 2013.

Seit Oktober 2015 ist der Ire Eugene Regan Richter am EuGH. Regan studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaften und erwarb den Master in Internationalem Recht und Rechtsvergleichung an der Freien Universität Brüssel. Er arbeitete unter anderem als politischer Berater des Kommissionsmitglieds Peter Sutherland in den 80er Jahren.

 

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