Kommentar

Kartellamt: Bitte diskriminieren!

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Berlin -

Das Bundeskartellamt hat die Aufgabe, den Wettbewerb in Deutschland zu schützen. Das wollte auch der Apothekerverband Westfalen-Lippe und einigte sich mit den Krankenkassen im Arzneiliefervertrag auf eine „partnerschaftliche Zusammenarbeit“. Das ging den Wettbewerbshütern zu weit: Die Pharmazeuten müssen auf die Klausel verzichten. Ob damit tatsächlich der Wettbewerb gestärkt oder das Gegenteil erreicht wird, darf jeder selbst entscheiden.

Die Apotheker hatten sich mit den Kassen darauf verständigt, dass die Apotheken vor Ort eine zentrale Rolle bei der Versorgung mit Blutzuckerteststreifen einnehmen sollen: „Soweit Krankenkassen über Bezugsmöglichkeiten von Blutzuckerteststreifen informieren, hat dies diskriminierungsfrei zu erfolgen; auf die Bezugsmöglichkeit in öffentlichen Apotheken ist hinzuweisen“, hieß es in der Klausel, die die Bonner Behörde kritisiert hat. Und weiter: „Eine Aufforderung von Ärzten und Versicherten, Blutzuckerteststreifen bei bestimmten Anbietern direkt zu beziehen, ist unzulässig.“

Das klingt eigentlich nach genau dem, wofür das Bundeskartellamt stehen sollte: gleiche Chancen für alle am Markt. Doch Andreas Mundt, ohnehin kein Freund der Pharmazeuten, sah es anders: „Es gibt in diesem Bereich keine Rechtfertigung für eine Exklusivität der Apotheken“. Und so schwappte die falsche Botschaft der Wettbewerbshüter durch das Land: „Diabetiker können in Zukunft Teststreifen auch in Sanitätshäusern oder direkt beim Arzt kaufen“, freuten sich etwa die Westfälischen Nachrichten für ihre Leser.

Chancengleichheit ist offenbar Auslegungssache: Fresenius durfte Rhön kaufen, weil selbst große Klinikketten keine Chance gegen noch größere Krankenkassen haben. Big to big, scheint in Bonn die Devise zu sein. Lieber große Monopole als kleine. Apotheken jedenfalls sollte man nicht unnötig schützen – zum Schutz des Verbrauchers, versteht sich.

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