Hersteller heben Preise an

Aufzahlung bei Hustensaft – Diskussionen mit Eltern

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Berlin -

Die Kassen diktieren die Preise, die Hersteller fügen sich. So funktioniert es im Arzneimittelbereich – normalerweise. Doch seit im Herbst mit Ratiopharm und Infectopharm zwei führende Hersteller die Reißleine gezogen haben, sind die Unternehmen selbstbewusster geworden und treiben Politik und Kassen vor sich her. In den Apotheken gibt es dann mitunter unschöne, aber womöglich politisch wichtige Diskussionen. Aktuelles Beispiel: Hustensaft.

Als im Herbst bei Fiebersäften und anderen Kinderarzneimitteln erstmals Aufzahlungen fällig wurden, wurde es bei den Kassen hektisch: Eltern, die bei ohnehin schon knapper Ware aus eigener Tasche draufzahlen müssen – das birgt politischen Sprengstoff. Schließlich sollen Kinder in der GKV grundsätzlich ohne Eigenbeteiligung versorgt werden. Die Unternehmen konnten nicht so einfach „in den Senkel gestellt“ werden, handelte es sich doch um die letzten verbliebenen Anbieter, nachdem die Konkurrenz sich längst zurückgezogen hatte.

Von AOK bis DAK gaben dann auch alle großen Kassen umgehend zu Protokoll, dass sie die Mehrkosten übernehmen. Und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ließ die Festbeträge für drei Monate aussetzen, um Preiserhöhungen zu ermöglichen.

Abgesehen davon, dass diese Maßnahme Ende April ausläuft, war ohnehin nur ein kleiner Ausschnitt des Marktes betroffen. Selbst im Bereich der Kinderarzneimittel wurden ganze Produktgruppen ausgeblendet – von Inhalativa bis hin zu Hustensäften.

Aufzahlung bei Ambroxol

Beispiel: Ambroxol. Beim Hustenlöser müssen Eltern bereits seit längerem Aufzahlungen entrichten. Die aktuellen Festbeträge liegen bei 2,48 Euro für die kleine Flasche à 100 ml und 4,94 Euro für die Packung à 250 ml. Die Hersteller geben sich damit nicht zufrieden, allerdings übernehmen die Kassen die Mehrkosten nicht, sodass die Eltern selbst zahlen müssen.

  • Ratiopharm erhöhte die Preise schon vor einem Jahr, sodass seitdem für 100 ml 1,01 Euro Mehrkosten anfallen, für 250 ml sind 46 Cent. Keine allzu großen Beträge, aber immerhin ein Zeichen, dass etwas schiefläuft im Arzneimittelbereich.
  • Aliud zog im Mai nach und erhöhte den Preis für die große Flasche auf 5,65 Euro, sodass 69 Cent Mehrkosten fällig wurden. Seit dem 15. Januar sind es sogar 2,06 Euro, der Verkaufspreis stieg auf 7 Euro. Der Preis für die Flasche à 100 ml stieg ebenfalls, sodass seit Mitte Januar auch dort 1,45 Euro Mehrkosten anfallen.
  • Ebenfalls 1,45 Euro zahlen die Eltern seit Februar bei AbZ und seit März nun auch bei dem Hustensaft von 1A Pharma. Für die große Flasche hingegen sind es bei AbZ nach der Preisanpassung im Februar im Vergleich nur 71 Cent.
  • Etwas weniger kostet die Flasche à 100 ml bei Acis: Bei 3,49 Euro sind es entsprechend 1,01 Euro Mehrkosten.

Apothekenteams überrascht

Die Mitarbeiter:innen der Adler-Apotheke in Goslar ärgern sich über die Preisentwicklung. Man sei überrascht gewesen über die neuerliche Festbetragsüberschreitung bei Ambroxolsäften, sagt Filialleiterin Diana Allusch. Der benachbarte Kinderarzt stelle derzeit tagtäglich etwa 20 Rezepte über den Hustenlöser für Kinder aus, die die Erkältungswelle voll erwischt habe. „Ich finde die Festbetragsüberschreitung nicht in Ordnung“, so die Apothekerin.

Schlimmer aber sei, dass fast für jedes Kinderarzneimittel inzwischen eine Aufzahlung fällig werde. Bei Otriven-Säuglingstropfen würden 3,31 Euro Mehrkosten fällig, beim Capval-Saft 2 Euro. Bei Flutide sei man bei 2,50 Euro Aufzahlung. Eltern müssten da schnell 6 bis 7 Euro für Medikamente ihrer Kinder zahlen, so Allusch. „Was diese selbstverständlich auch tun – sie wollen ja, dass der Nachwuchs gesund wird.“

Familien stark betroffen

Verständnis haben sie allerdings wenig. Gerade bei Familien mit mehreren erkrankten Kindern käme einiges an Zuzahlung zusammen. Erst recht dann, wenn die Kinder noch sehr klein sind und ein Infekt den nächsten jage. „Dennoch sind viele Eltern froh, dass sie überhaupt etwas bekommen“, betont Allusch.

Über Lauterbachs Kommentar, die schlimmsten Engpässe seien vorerst überwunden, kann die Apothekerin nur den Kopf schütteln. Sie sehe keine Entspannung der Lieferengpasssituation. „Viele Arzneimittel kommen nur kleckerweise. Das deckt lange nicht den Bedarf. Es reicht einfach nicht für alle.“ Gerade im Notdienst sei man allein und machtlos. Mit Angst und Sorge blickt sie deshalb dem Ende der Abgabelockerungen entgegen.

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