Arzneimittelmissbrauch

Suchtexperten bilden Apotheker fort

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Berlin -

Bis zu 1,9 Millionen Deutsche sind laut Bundesdrogen- und Suchtbericht abhängig von Arzneimitteln. Die mit Abstand am häufigsten missbräuchlich angewendete Wirkstoffgruppe sind Benzodiazepine: Mehr als 1,2 Millionen Menschen sind betroffen, vor allem Ältere und Frauen. Eine Berliner Initiative hat daher einen Katalog an Maßnahmen entwickelt, mit denen der Missbrauch eingedämmt werden soll. Auch die fachliche Kompetenz der Apotheker sei gefragt, sagt Kerstin Jüngling, Sprecherin der Fachstelle für Suchtprävention in der Hauptstadt.

Gegründet wurde die Berliner Initiative Anfang 2012. Mehrere Experten aus Alkohol- und Medikamentenberatungsstellen, Entzugskliniken, Präventionsfachstellen und bezirklichen Gesundheitsverwaltungen haben sich zum Ziel gesetzt, um das Problem der Medikamentenabhängigkeit „stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit und der Verantwortungsträger“ zu rücken.

Laut Jüngling sind fast genauso viele Menschen von Arzneimitteln abhängig wie von Alkohol. Allerdings gebe es nahezu kein Bewusstsein bei den Betroffenen.

Nur etwa 1 Prozent der bewilligten Suchttherapien bezögen sich auf Medikamentenabhängigkeit, stellt auch die Berliner Drogenbeauftragte Christine Köhler-Azara fest.

Die Berliner Initiative will auch die Apotheker einbinden: Bei Fortbildungsveranstaltungen soll auf das Thema sensibilisiert werden. Neben Vorträgen zu konkreten Fallzahlen, insbesondere zur Benzodiazepin-Abhängigkeit, seien auch Trainings zu speziellen Beratungsgesprächen geplant, so Jüngling. So sollen die Pharmazeuten die Betroffenen animieren, aus eigenem Willen etwas gegen die Sucht zu unternehmen.

Dagegen sollen Krankenkassen intervenieren, wenn Ärzte ein „möglicherweise problematisches Verordnungsverhalten“ aufweisen. Patienten, die eine Folge- oder Parallelverordnung für ein Schlaf- oder Beruhigungsmittel erhalten, sollen schriftlich über die Gefahren aufgeklärt werden.

Die Packungen von Präparaten mit Suchtpotential, etwa Schlaf- und Beruhigungs- sowie bestimmte Schmerzmittel, sollen mit entsprechenden Warnhinweisen versehen werden. An Schulen soll zudem der verantwortungsbewusste Umgang mit Medikamenten geschult werden.

Der Forderungskatalog soll jetzt den politischen Entscheidungsträgern überreicht werden, darunter sind die Gesundheitspolitischen Sprecher der Fraktionen, die Drogenbeauftragten des Landes und Bundes und die Krankenkassen.

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