Beihilfe für künstliche Befruchtung

Gericht: Schwanger geht auch ohne Ehe

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Berlin -

Krankenkassen zahlen die Hälfte der Kosten für eine künstliche Befruchtung – solange das Paar verheiratet ist. Eine Lehrerin aus Hessen hat jetzt durchgesetzt, dass auch bei ihr die Beihilfe zahlt – obwohl sie ledig ist.

Bereits 2016 hatte sich die Frau einer ln-Vitro-Fertilisation (IVF) unterzogen, da bei ihr festgestellt worden war, dass beide Eileiter erst auf forcierten Druck durchgängig sind. Beim Regierungspräsidium Kassel (RP) beantragte sie die Erstattung für mehrere Verordnungen von Puregon und Orgalutran.

Das RP lehnte ab und bezog sich auf die Verwaltungsvorschrift zur Hessischen Beihilfenverordnung (HBeihVO), nach der nur Aufwendungen für eine homologe Insemination als beihilfefähig anerkannt werden könnten. Dies bedeute, dass für die Beihilfefähigkeit ein Verheiratetsein vorausgesetzt werde.

Die Lehrerin argumentierte, dass unter „homolog“ eine paarbezogene Behandlung zu verstehen sei und nicht das Bestehen einer Ehe vorausgesetzt werde. Eine heterologe IVF sei dagegen dadurch gekennzeichnet, dass Genmaterial dritter Personen hinzugezogen werde. Darüber hinaus enthielten die Beihilfevorschriften – anders als die für Krankenkassen relevanten Vorschriften des Sozialgesetzbuchs (SGB V) – keine Regelung, wonach die Beihilfefähigkeit bei einer homologen IVF das Bestehen einer Ehe zwischen den Partnern voraussetze.

 

Das Verwaltungsgericht Frankfurt (VG) wies die Klage ab; medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft könnten sozialversicherungsrechtlich nicht zwingend als Behandlung einer Krankheit angesehen werden. Dagegen spreche insbesondere die „anderenfalls notwendige Prüfung, ob die geltend gemachte nichteheliche Lebensgemeinschaft – für die ein amtlicher Nachweis nicht existiere – tatsächlich und auch auf Dauer bestehe“.

Doch der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) sah die Sache anders: Die Lehrerin sei in ihrer körperlichen Funktion beeinträchtigt, da sie aufgrund organischer Ursachen nicht auf natürlichem Weg schwanger werden könne. „Diese organisch bedingte Sterilität erfüllt den beihilferechtlichen Krankheitsbegriff.“

Daran ändere sich nichts dadurch, dass sie nicht verheiratet sei: „Die Ehe ist nicht biologische beziehungsweise körperliche Voraussetzung für eine Schwangerschaft. Die Frage, ob ein regelwidriger Körperzustand vorliegt, hängt dementsprechend nicht vom Personenstand einer Person oder - allgemeiner - den sozialen Verhältnisse, in denen sie lebt, ab.“

Zwar lässt sich ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 1986 in die entgegengesetzte Richtung auslegen; diese Entscheidung aus dem PKV-Bereich lasse sich aber nicht auf das Beihilferecht übertragen. „Es widerspricht der medizinischen Natur des Krankheitsbegriffs, das Vorliegen einer Krankheit nur bei solchen behandlungsbedürftigen regelwidrigen Körperzuständen anzunehmen, die in einem bestimmten sozialen Kontext auftreten“, so der VGH unter Verweis auf ein Urteil aus Niedersachsen.

Wie der Begriff der Homologie auszulegen ist, wollten die Richter nicht klären. Denn eine Verwaltungsvorschrift sei nicht als Rechtsvorschrift zu sehen und damit nicht geeignet, die normativen Bestimmungen der HBeihVO zu beschränken.

Es gebe auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aufwendungen nicht angemessen seien – das einzige tatsächliche Ausschlusskriterium. Und dabei sei ausschließlich die Gebührenordnung entscheidend, nicht aber die Ehe: „Die Höhe der Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung wird indes nicht davon beeinflusst, ob es sich um ein verheiratetes oder unverheiratetes Paar handelt.“

Seit 2014 übernehmen die Krankenkassen nach § 27a SGB V einen Teil der Kosten, die im Rahmen einer künstlichen Befruchtung anfallen. Paare mit unerfülltem Kinderwunsch müssen verschiedene Anforderungen erfüllen, um einen Zuschuss zu bekommen: Die Kosten werden nur für verheiratete Paare übernommen, vorausgesetzt Ei- und Samenzellen der Eheleute werden für die künstliche Befruchtung verwendet. Die Eheleute müssen das 25. Lebensjahr vollendet haben, die Frau darf nicht älter als 40 Jahre sein. Für Männer liegt die Altersgrenze bei 50 Jahren.

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