Video-Interview Jens Spahn

„Die Fremdbesitzdebatte ist zu Ende“ Alexander Müller, 26.11.2009 17:20 Uhr

Berlin - 



Jens Spahn wurde von seiner Fraktion zum neuen gesundheitspolitischen Sprecher der Union gewählt. Mit APOTHEKE ADHOC sprach der 29-Jährige über die Zukunft des Apothekenmarktes, das geplante Pick-up-Verbot und seine Meinung zum Schiedsverfahren in Sachen Kassenabschlag.



ADHOC: Was erwartet die Apotheker in den nächsten vier Jahren?

SPAHN: Wir werden - wie im Wahlkampf versprochen - zum Einen Pick-Up verbieten, wie es derzeit in Drogeriemärkten in einem legalen Graubereich stattfindet. Ansonsten wollen wir, gemeinsam mit den Apothekern und Verbänden, die Apotheker in dem stärken, was sie am besten können - die Pharmazie. Davon sollen die Patienten profitieren.



ADHOC: Gibt es eine neue Diskussion über Apothekenketten?

SPAHN: Die Debatte über Fremd- und Mehrbesitzverbot ist eigentlich zu Ende in Deutschland, seit wir das Urteil des Europäischen Gerichtshofs haben. Die Richter haben klargestellt, dass die Mitgliedstaaten das für sich regeln können. Ich sehe für die nächsten vier Jahre keinen Diskussionsbedarf. Es wird so bleiben wie es ist.



ADHOC: Wie und wann wollen Sie die Pick-Up-Stellen angehen?

SPAHN: Das Wie ist verfassungstechnisch eine große Herausforderung, das wird schon seit Jahren diskutiert. Wir wollen eine saubere Abgrenzung, dass der Versandhandel weiterhin möglich bleibt, dass aber, was heute bei Schlecker und anderen Drogeriemärkten stattfindet, nicht mehr stattfinden kann. Denn Arzneimittel sind besondere Waren, die einen besonderen Schutz benötigen. Wir wollen das in der ersten Jahreshälfte 2010 regeln.



ADHOC: Was passiert mit den Rabattverträgen?

SPAHN: Bei den Rabattverträgen werden wir genau prüfen, ob wir damit die erwünschte Wirkung erreichen - vor allem beim Einsparvolumen, wo wir leider im Moment keine genaue Zahl bekommen. Zum Zweiten müssen wir schauen, ob das in der Frage der Praktikabilität wirklich ein Instrument ist: Die Apotheker haben große Probleme in der Umsetzung, weil die Patienten nicht verstehen, warum sie immer neue Arzneimittel bekommen. Man wird auch über andere Möglichkeiten reden, zum Beispiel was das Festbetragssystem angeht. Auf jeden Fall wollen wir diesen ganzen Bereich neu ordnen und abwägen, ob wir noch alle Instrumente brauchen.



ADHOC: Was erwarten Sie vom Schiedsverfahren zum Kassenabschlag?

SPAHN: Wir schätzen die Arbeit der Selbstverwaltung sehr, wir brauchen sie auch. Wir könnten gar nicht all die Dinge in der Politik regeln, die in der Selbstverwaltung eigenverantwortlich geregelt werden. Aber mit Blick auf die konkrete Entscheidung morgen denke ich, dass wir in Zeiten, wo in der gesetzlichen Krankenversicherung im kommenden Jahr ein Defizit von bis zu acht Milliarden Euro droht, alle schauen sollten, ob es tatsächlich Mehrausgaben im Bereich von hunderten Millionen Euro braucht. Insofern bin ich sehr gespannt auf den Schiedsspruch.



ADHOC: Wann kommt das erste Spargesetz?

SPAHN: Anders als in den vergangenen Legislaturperioden, machen wie jetzt nicht kurzfristig zum Jahresende ein Spargesetz. Wir haben Signale gesetzt, etwa im Krankenhausbereich oder im ärztlichen Bereich, dass es mehr Geld gibt, nach vielen vielen Jahren der Budgetierung und Kostendämpfung. Dieses Signal bleibt bestehen, wir wollen, dass mehr Geld fließt im kommenden Jahr, und wir müssen dann über die Finanzentwicklung im nächsten Jahr reden. Bei der Frage des Apothekerabschlags würde ich mir aber wünschen, dass wir nicht zu mehr Ausgaben kommen im Moment, weil es einfach nicht in die Zeit passt.