Apotheken-Wirtschaftsbericht

Worst Case: Nur noch 10.000 Apotheken in drei Jahren Nadine Tröbitscher, 23.04.2024 12:52 Uhr

Die rasant gestiegenen Personal- und Sachkosten setzen den ohnehin geschwächten Apotheken wirtschaftlich weiter, zu erklärt Claudia Korf. Foto: APOTHEKE ADHOC
Potsdam - 

„Unsere Lage hängt sehr stark davon ab, wie sich die Politik in der aktuellen schweren Phase gibt“, eröffnet Claudia Korf den Apotheken-Wirtschaftsbericht unter der Überschrift: „Der Seeweg nach Indien“. Es werde immer von einer Zeitenwende gesprochen – auch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Eine Zeitenwende hin zu Leistungskürzung und Rationierung. Aber: Der Kampf wurde abgesagt – es gibt noch keinen Referentenentwurf, „auf den wir eindreschen können“, so Korf.

In den letzten zehn Jahren gab es einen deutlichen Rückgang an Betriebsstätten – sowohl Filialen als auch Einzelapotheken. Auffällig: Es gibt eine Verdreifachung der Schließung von Filialen. „Selbst wenn heute eine Apothekenreform käme, wäre es für einige Apotheken zu spät“, so Korf.

Entwicklungen im Apothekenmarkt

Im letzten Quartal 2023 gab es den stärksten Rückgang bei der Zahl der Apotheken. Und auch im ersten Quartal 2024 liegt die Zahl der Schließungen bereits bei 142 Apotheken. Stand jetzt gibt es rund 17.400 Apotheken.

„Es muss jetzt etwas geschehen. Nichts tun, bedeutet ein anderes System haben zu wollen. Politik muss Farbe bekennen“, so Korf. Es muss systemisch Position bezogen werden, wie das Gesundheitssystem aussehen soll.

Zwar wurde in den Apotheken im vergangenen Jahr angesichts des medizinischen Fortschritts und einer älter werdenden Bevölkerung ein höherer Umsatz als im Vorjahr erzielt. Aber rasant gestiegene Personal- und Sachkosten führten zu einem geringeren Betriebsergebnis als 2022. Der Gesamtumsatz der Apotheken stieg 2023 auf 66,36 Milliarden Euro netto, während die Anzahl der abgegebenen Arzneimittel leicht auf 1.388 Milliarden Packungen sank.

Eine durchschnittliche Apotheke erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von 3,443 Millionen Euro netto, – das steuerliche Betriebsergebnis sank mit 4,3 Prozent auf ein langjähriges Tief. Mit 148.000 Euro Betriebsergebnis vor Steuern und Altersvorsorge hatten selbständige Apotheker:innen im Durchschnitt weit weniger Einkommen als 2022 (160.000 Euro). Mehr noch: Ein Drittel aller Inhaber:innen (34 Prozent) lag mit dem Betriebsergebnis unter der Vergütung von angestellten Krankenhausapothekern ohne Leitungsverantwortung (75.000 Euro brutto).

2027: Best Case 14.000 Apotheken

Ein Viertel der Apotheken befindet sich in einer wirtschaftlichen Notlage. Unternimmt die Politik nichts, liegt der Best Case in drei Jahren bei 14.000 Apotheken und im Worst Case bei 10.000 Betriebsstätten – beispielsweise, wenn Apothekenabschlag nicht zurückgenommen werden, mahnt Korf. Handelt die Politik nicht, sei das ist nicht nur respektlos, sondern verantwortungslos.

Je 100.000 Einwohner gibt es hierzulande noch 21 Apotheken – der EU-Durchschnitt liegt bei 32. „Wir haben eine rückläufige Apothekendichte trotz demographischer Entwicklung.“ Damit vergrößern sich zwangsläufig die Wege zur nächsten Apotheke, worunter insbesondere ältere Menschen leiden.

Eine weitere Belastung für die Apotheken ist der Versandhandel. Mittlerweile gehen rund 20 Prozent des Umsatzes im OTC-Bereich auf den Versandhandel.