Service für Krisenhelden

Rewe: Sonderöffnungszeiten für PTA & Co.

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Berlin -

Die Coronakrise bedeutet nicht nur Gefahr, sondern vor allem auch Stress: Den ganzen Tag in der vollen Offizin stehen, besondere Sicherheitsmaßnahmen befolgen und schlimmstenfalls noch die Betreuung für den Nachwuchs organisieren. Abends nach der Arbeit geht es dann noch zum Einkauf – und auf leere Regale starren. Damit nicht ausgerechnet diejenigen die Zeche zahlen, die an vorderster Front stehen, hat ein Berliner Supermarkt nun Sonderöffnungszeiten eingeführt, in denen sie unbeschwert shoppen können.

Noch schnell einkaufen gehen, bevor der Wahnsinn auf Arbeit beginnt: Angehörige von Heilberufen, aber auch Polizisten und Erzieher haben den Rewe-Markt in der Ernststraße in Berlin-Tegel dienstags- und donnerstagsmorgens von 7 bis 9 für sich. In diesen Zeiten öffnet der Markt exklusiv für Alltagshelden. „Die Corona-Pandemie betrifft uns alle. In diesen Zeiten gehen viele Menschen in ihrem Berufsalltag für uns an ihre Grenzen – und darüber hinaus“, klärt ein Hinweisschild vor dem Markt die Kunden auf. Alle momentan Berufstätigen, die „die Gesellschaft mit ihrem täglichen Einsatz unterstützen […] sind auch jetzt für uns da“.

Wen die Rewe-Filiale damit meint, zählt sie auf dem Hinweisschild auf: alle, die in Krankenhäusern, Arztpraxen oder Apotheken arbeiten, Polizisten, Feuerwehrleute, Erzieher und Mitarbeiter der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) – kurz: die systemrelevanten Berufe. „Wir möchten für diese Alltagshelden exklusive Öffnungszeiten anbieten, in denen unser Rewe-Markt ausschließlich für sie geöffnet sein wird.“

Für die Sonderöffnungszeiten hat der Markt sogar zusätzliches Personal bereitgestellt. „Wir möchten den fleißigen Menschen etwas zurückgeben und dafür sorgen, dass sie in Ruhe einkaufen können und alles Notwendige bekommen“, sagte Filialleiter Viet Nguyen Duc der Berliner Woche. Für die sonstigen Kunden ist der Markt weiterhin bis 22 Uhr geöffnet. Nguyen Duc bittet sie, Verständnis zu zeigen und die Sonderöffnungszeiten zu respektieren. „Wir wollen damit sicherstellen, dass die genannten Personen nach dem Dienst nicht vor leeren Regalen stehen“, erklärt er auf dem Hinweisschild vor dem Markt.

Eine Einlasskontrolle werde es aber nicht geben – die Marktleitung vertraue auch hier auf die Einsicht der Kunden. „Wir setzen darauf, dass wir den Kunden vertrauen können“, zitiert T-Online den stellvertretenden Marktleiter Adrian Powierski. Nicht nur über den Aufsteller am Eingang, auch in sozialen Medien hat der Markt die neuen Öffnungszeiten verkündet. Das werde hoffentlich reichen, er gehe nicht davon aus, dass er jemanden abweisen muss. Je nach der Nachfrage könne er sich auch vorstellen, die Aktion noch auszuweiten – beispielsweise weitere Sonderöffnungszeiten in den Abendstunden anzubieten, wenn das denn sinnvoll und machbar ist. „Da müssen wir noch schauen, wie wir beliefert werden können“, so Powierski.

Die Aktion hat der Markt von Nguyen Duc in Eigenregie durchgeführt – sie war nicht von der Gruppenleitung vorgegeben und andere Märkte haben sich noch nicht angeschlossen. Dass er dennoch von den Öffnungszeiten abweichen kann, hängt mit der Struktur von Rewe zusammen: Wie Apotheken auch sind die Märkte stets inhabergeführt. „Die Sonderzugangsregelung ist eine individuelle Entscheidung des selbstständigen Rewe-Kaufmanns, der seinen Markt eigenverantwortlich führt“, so ein Sprecher der Gruppe gegenüber T-Online. Es sei nicht geplant, das auf alle Filialen auszuweiten: „In Anbetracht der stabilen Versorgungslage und der unverändert kundenfreundlichen Öffnungszeiten sehen wir derzeit keine Notwendigkeit für Sonderzugangsregelungen“, so der Konzern.

Das könnte auch mit schlechten Erfahrungen zusammenhängen, die andere Filialen gemacht haben. In Mülheim an der Ruhr hat ein Rewe-Markt nämlich bereits zuvor etwas Ähnliches versucht: Er führte Sonderöffnungszeiten für Risikogruppen wie Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen ein. Für sie reservierte der Markt die Zeiten von sechs bis neun Uhr morgens. Doch damit machte er sich anscheinend nicht nur Freunde. Nach der Bekanntgabe kam es vermehrt zu Beschwerden von Kundenseite und sogar Drohungen gegen den Filialleiter – der die Aktion daraufhin abbrach. Nicht jedoch, ohne seinem Frust über das Verhalten in sozialen Medien Luft zu machen. „Wir werden derzeit von 2 Prozent der Kunden beleidigt, bedroht, belächelt, belehrt und behandelt wie der letzte Dreck“, so der Markt auf seiner Facebook-Seite. „Herzlichen Dank an die restlichen 98 Prozent.“

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