Nächstes antivirales Mittel

Lactoferrin gegen Covid-19

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Berlin -

Bereits bei der ersten Corona-Welle wurde verschiedenen Mitteln eine Wirksamkeit gegen Sars-CoV-2 nachgesagt. Fakt ist: Zur Behandlung von Covid-Patienten zugelassen ist aktuell lediglich Remdesivir (Veklury, Gilead). Ein Impfstoff ist in Deutschland noch nicht am Markt. Um sich dennoch gegen das Virus schützen zu können, flammen immer wieder Diskussionen um einzelne Produkte auf. Nach Cystus und Echinacea folgt nun das Protein Lactoferrin.

In italienischen Apotheken sind Präparate mit dem Eiweiß Lactoferin nachgefragt wie nie. Ein Video in den sozialen Medien postulierte eine Schutzwirkung vor Covid-19 bei regelmäßiger Einnahme. Eine Evidenz liege nicht vor, bemängeln die Apotheker. Eigentlich wird Lactoferrin dort als „Immunbooster“ für Säuglinge angeboten. In der Apotheke gehören die Präparate zu den Nischenprodukten. Auch in Deutschland sind nur wenige Präparate mit Lactoferrin über den Großhandel zu beziehen. In der Software sind eine Handvoll Produkte gelistet.

In den Präparaten Sandermin und Sanferin von Volopharm ist Lactoferrin enthalten. Eine Kapsel Sandermin enthält 200 mg des Proteins, in Sanferin sind je abgeteilter Einheit 50 mg enthalten. Kombiniert werden die Mittel mit Zink oder Lysozym. Sandermin soll regelmäßig eingenommen das Hautbild verbessern. Indiziert ist das als Diätetikum zugelassene Präparat zur Behandlung von Akne und Pickeln. Jugendliche ab dem 10. Lebensjahr nehmen eine Kapsel täglich. Laut Hersteller können die Kapseln auch während der Schwangerschaft und Stillzeit eingenommen werden. Sanferin soll das Immunsystem stärken. Hier lautet die Dosierung für Erwachsene: An den ersten zwei Tagen müssen zweimal drei Tabletten eingenommen werden. In den Folgetagen reicht eine Einnahme von zweimal täglich zwei Tabletten aus. Kinder ab sechs Jahren können das Präparat in geringerer Dosierung einnehmen.

Eine Evidenz zur behaupteten antviralen Wirksamkeit fehlt. Apotheker können Präparate mit Lactoferrin gegen Corona daher nicht empfehlen. Da die Mittel jedoch rezeptfreie erhältlich sind, können Kunden sie problemlos erwerben. Ein Grund für den Kauf sei auch die Angst, die viele Italiener vor dem Virus haben, so die Apotheker: Italien war innerhalb der ersten Welle stark von der Pandemie betroffen – die Todeszahlen waren in einigen Regionen Norditaliens besonders hoch.

Lactoferrin kommt natürlicherweise in der Muttermilch vor. Aber auch im Speichel, in der Tränenflüssigkeit und im Schweiß kann das Protein nachgewiesen werden. Die Bestimmung im Stuhl kann Hinweise auf eine Entzündung der Darmschleimhaut geben und bei der Diagnostik von chronischen entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa genutzt werden. In der Muttermilch sorgt Lactoferrin für eine natürliche erste Stärkung des Immunsystems von Säuglingen.

Weitere Mittel gegen Corona

Mitte September geriet der Sonnenhut in den Fokus, auch ihm wurde eine Wirkung gegen Sars-CoV-2 nachgesagt. Eine Schweizer Studie habe die abtötende Wirkung belegen können. Das verwendete Produkt Echinaforce war nach der Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse gefragt wie nie und in zahlreichen Apotheken ausverkauft. Das Produkt zeigte sowohl bei direktem Kontakt als auch im organotypischen Zellkulturmodell eine viruzide Wirkung. Obwohl die antivirale Wirksamkeit des Sonnenhutes in diversen präklinischen Studien belegt werden konnte, ist der spezifische Wirkmechanismus aktuell nicht geklärt. In-vitro-Studien lassen vermuten, dass die pflanzlichen Extrakte umhüllte Atemwegsviren durch direkte Interaktion mit Virionen und viralen Hüllproteinen hemmen.

Auch Zistrosenextrakt soll wirksam gegen Coronaviren sein. Cistus incanus wird laut dem Hersteller Naturprodukte Dr. Pandalis aufgrund komplexer, hochpolymerer Polyphenole die Eigenschaft zugesprochen, Viren, Bakterien und freie Schwermetalle weitgehend zu umhüllen und physikalisch „aus dem Verkehr zu ziehen“. Der Extrakt wurde bereits 2014/15 erfolgreich gegen Viren aus der Familie der Coronaviren getestet. Enthalten ist er in dem Präparat Cystus Pandalis. Der Hersteller legte dem Robert Koch Institut (RKI) Daten zur Wirksamkeit vor. Geprüft wurden sie bisher nicht.

Auch Nasensprays wie Algovir sollen vor dem Eindringen von Viren in die Schleimhaut schützen. Verantwortlich für die Wirkung gegen das neuartige Coronavirus soll das aus Rotalgen gewonnene Galactose-Polymer Iota-Carrageen sein. Selbst bei starker Verdünnung soll die Substanz vor Sars-CoV-2 und anderen respiratorischen Viren schützen. Laut Gebrauchsanweisung wird Algovir eingesetzt „zur unterstützenden Behandlung von Erkältungskrankheiten oder grippalen Infekten mit viraler Ursache“. Immer mehr Hersteller veranlassen Studien um die Corona-Helferlein aus der Apotheke mit wissenschaftlichen Daten zu stützen.

 

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