„Die Luft hinter dem Visier ist erstaunlich gut“

Apothekenteams mit Holzfällerhelmen

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Berlin -

Ein besonderer Anblick in ohnehin ungewöhnlichen Zeiten: Das ganze Apothekenteam arbeitet mit Schutzhelm. Apotheker Lars Steffgen, Inhaber der Burg-Apotheke in Schüttorf hat sich die Idee von einer Kollegin abgeguckt. Und die Alternative zur Plexiglasscheibe hat sich unter Apothekern so schnell herumgesprochen, dass selbst die Helme kaum noch zu bekommen sind.

„In dieser Phase ist Kreativität gefragt – da sind wir Apotheker echt gut“, findet Steffgen. Die Schutzhelme mit Visier hat er bei einem Händler für Holzfäller-Bedarf bestellt. Ein Dutzend hat er für sein Team geordert, bislang ist nur die Hälfte gekommen. Lieferengpass bei Kettensägenmasken – auch solche Geschichten schreibt das Coronavirus.

Steffgen erklärt, warum er die Helme besser findet als eine Plexiglasscheibe auf dem HV-Tisch: „Man ist rundherum geschützt, auch wenn man mal um den HV-Tisch herumgehen muss. Das ist insgesamt eine gute Lösung.“ Wieviel Schutz die improvisierten Masken tatsächlich vor einer Infektion bieten, kann der Apotheker natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen. „Auf jeden Fall geben sie ein Gefühl von Sicherheit.“ Das reicht so weit, dass Steffgen den Helm am Samstag am liebsten aufbehalten hätte, als er nach Dienstschluss zum Einkaufen ging.

Im Beratungsgespräch stören die Masken nicht weiter, berichtet er weiter. Man müsse sich nur an den veränderten Klang gewöhnen und etwas lauter sprechen. Und die Luft hinter dem Visier sei verhältnismäßig gut. Auch die Reaktion der Kunden sei sehr positiv, sagt der Apotheker. Und nicht nur das: Inzwischen riefen Firmen aus anderen Branchen bei ihm an, um sich nach den Masken zu erkundigen. Doch weil die Idee gerade unter Apothekern in den sozialen Medien die Runde macht, sind die Helme vielerorts ausverkauft.

In der Burg-Apotheke wird schon über eine Ergänzung nachgedacht: selbstgenähter Mundschutz. Außerdem arbeitet das Team seit heute in zwei getrennten Schichten. Denn in der Umgebung der Apotheken hätten schon mehrere Arztpraxen geschlossen, weil das Team in Quarantäne musste, berichtet Steffgen. Die Burg-Apotheke schließt neuerdings mittags für eine Stunde, in der alle Flächen desinfiziert werden und Organisatorisches mit ein bisschen mehr Ruhe abgearbeitet werden kann.

Über die Helme und alle weiteren Sicherheitsmaßnahmen hat Steffgen auf der Facebook-Seite seiner Apotheke informiert: „Die letzte Woche war für uns die herausforderndste, die wir bislang erlebt haben. Leider sind wir wenig optimistisch, dass die nächsten Wochen besser werden. Wir kämpfen gegen Engpässe jeder Art, rationieren Desinfektionsmittel und wenn es sein muss auch Arzneimittel. Den zu Hause Isolierten bringen wir die Medikamente vorbei, es werden jeden Tag mehr. Die Ärzte wollen möglichst wenig Patienten in den Praxen und bringen uns die Rezepte, damit die Leute gleich hierhin kommen. Wir haben unsere Apotheke so gut es geht virenfest gemacht mit dem, was noch zu bekommen ist. Unser oberstes Ziel ist, nicht selbst zu erkranken um hier den Betrieb aufrechterhalten zu können.“

Und Steffgen richtet sich mit einem Appell an die Kunden „Wir machen unseren Job. Und den machen wir alle gerne, auch unter schwierigen Bedingungen. Wir erwarten nicht, dass Ihr aus dem Fenster klatscht oder „You‘ll never walk alone“ im Radio dudelt. Was wir erwarten: Lest die Schilder, die wir ausgehangen haben: ‚Kein Eingang / Kein Ausgang‘ ‚Abstand halten‘ – Was kann man daran nicht verstehen? ‚Fieberthermometer und Schutzmasken ausverkauft‘ – Ihr müsst euch nicht fünf Minuten in die Reihe stellen, um uns persönlich zu fragen, ob das auch stimmt. Überlegt Euch, ob es wirklich sinnvoll ist nur für die Apothekenumschau vorbeizukommen.“

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