SPD-Kritik

Spahn und die Nadel im Heuhaufen

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Berlin -

Die SPD hat mit ihrer Kritik an der Beschaffung von Impfstoffen gegen das Coronavirus nachgelegt. SPD-Bundesvize Kevin Kühnert hielt Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Rheinischen Post und dem General-Anzeiger vor, zu zögerlich bei der Bestellung gewesen zu sein. Derweil wird klar, dass die Bundesregierung Millionen Dosen an andere EU-Länder abgegeben hat, die zunächst kein Interesse gezeigt hatten.

„Es ist doch so: Wenn ich die Nadel im Heuhaufen noch nicht finden kann, sie aber dringend brauche, dann kaufe ich doch erstmal zur Sicherheit den Heuhaufen, und zwar komplett“, so Kühnert. Er bezog sich dabei darauf, dass lange nicht klar war, welche Impfstoff-Entwicklungen erfolgreich sein würden.

Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf zu verstehen, wer bei der Beschaffung des Impfstoffes wie gehandelt habe, „nicht, um mit jemandem abzurechnen, sondern um daraus zu lernen“, meinte Kühnert. Er halte deshalb die Frage für berechtigt, warum in der noch unsicheren Beschaffungslage des Jahres 2020 nicht präventiv umfangreichere Bestellungen veranlasst worden seien, verbunden mit finanziellen Hilfen zum Ausbau der Produktionskapazitäten.

Mehrere SPD-Politiker, darunter Generalsekretär Lars Klingbeil, hatten Spahn zuvor dafür verantwortlich gemacht, dass einige andere Länder beim Impfen weiter sind als Deutschland. Spahn verteidigte die Impfkampagne gegen Kritik. Im ZDF bekräftigte er am Mittwochabend: „Es ist am Anfang jetzt knapp. Das war klar, und das ist auch so.“

In der EU und somit auch in Deutschland sind die Impfstoffe von Pfizer/Biontech und – seit Mittwoch – von Moderna zugelassen. Aber auch der Moderna-Impfstoff werde in den ersten Wochen knapp sein, sagte Spahn. „Und dann ab dem zweiten Quartal wird es Zug um Zug besser.“ Die grundsätzliche Entscheidung, die Impfstoff-Beschaffung europäisch zu organisieren, war und bleibe „unbedingt richtig“. „Wir sind zusammen in dieser Pandemie, und wir kommen auch nur zusammen wieder raus.“ Es bringe ja auch nichts, wenn nur die Menschen in Deutschland geimpft seien – und die in den Nachbarländern nicht.

Medienberichten zufolge hätte Deutschland deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung haben können, hat diese dann aber anderen Ländern überlassen, die zunächst skeptisch gewesen waren. Als im November die hohe Wirksamkeit bekannt geworden sei, hätten auch diese Staaten ihn plötzlich haben wollen. Laut „Bild“ gab die Bundesregierung mehr als 70 von 100 Millionen Dosen ab. Deutschland nehme „nur das, was uns zusteht“, wird Kanzlerin Angela Merkel zitiert.

Spahn hatte auf Nachfrage gestern keine Zahlen bestätigen wollen: Deutschland habe stets großvolumige Zusagen gemacht und damit Verantwortung und auch Risiko übernommen. Das Interesse anderer Länder sei parallel zur nachgewiesenen Wirksamkeit gestiegen, sagte er allgemein.

Laut „Bild“ hatte Spahn im Sommer per Ministervorbehalt versucht, die Auszahlung von Fördergeldern in Höhe von 375 Millionen Euro an eine Lieferzusage von Biontech zu knüpfen. Doch Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) habe sich mit Merkel darüber hinweggesetzt. Spahn sagte nur: Zu jedem Zeitpunkt habe man die Hersteller etwa durch Fördergelder unterstützt.

FDP-Generalsekretär Volker Wissing sprach sich in den „Tagesthemen“ dafür aus, dass Deutschland Ländern, die mit der komplizierten Anwendung nicht zurecht kommen, den Impfstoff abkaufen sollte.

Laut Spahn hat die EU bei Biontech/Pfizer 200 Millionen Dosen bestellt und Optionen auf weitere 100 Millionen Dosen. Davon erhalte Deutschland 64 Millionen Dosen. 1,34 Millionen Dosen seien bislang ausgeliefert, bis Ende Januar würden es 3,98 Millionen Dosen sein. Dazu komme der Impfstoff von Moderna, hier erhält Deutschland mehr als 50 der 160 Millionen bestellten Dosen. Klar sei aber auch, dass im ersten Quartal nur 2 Millionen Dosen ausgeliefert würden.

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