Corona-Maßnahmen

20 qm pro Kunde: Neue Grenze trifft Apotheken nicht

, , Uhr aktualisiert am 25.11.2020 22:06 Uhr
Berlin -

Mitten in der Vorweihnachtszeit gibt es für den Handel eine weitere Beschränkung der Anzahl an Menschen, die sich gleichzeitig im Geschäft aufhalten dürfen. Die neue Obergrenze für Kunden gilt nur für größere Geschäfte, also nicht für Apotheken.

Die Regierungschefs der Länder und Kanzlerin Angela Merkel haben sich auf neue Corona-Maßnahmen verständigt, darunter die Grenze von einem Kunde pro 20 qm beschlossen. Dieser soll allerdings nur für Geschäfte mit mehr als 800 qm Einkaufsfläche gelten, also nicht für Apotheken. Hier bleibt es bei der Grenze von 10 qm pro Kunde, die im Oktober wieder eingeführt worden war und den allgemein geforderten Mindestabstand von 1,50 m widerspiegelt. Die vor dem heutigen Treffen kolportierte Zahl von einem Kunden auf 25 qm Verkaufsfläche ist vom Tisch. Der Grenzwert von 20 qm hatte bereits im Frühjahr für größere Geschäft gegolten.

Diesmal war es nicht nur ein stunden-, sondern ein tagelanges zähes Ringen. Nach vielen Schalten und langen, strittigen Schlussverhandlungen präsentieren Merkel und die Ministerpräsidenten am Mittwochabend immerhin einige greifbare Ergebnisse, wie der Kampf gegen die anhaltend hohen Corona-Zahlen weitergehen soll. Vor allem: wie das Weihnachtsfest in Deutschland in diesem denkwürdigen Jahr gefeiert werden kann.

Doch dann geht es schon wieder auseinander. Welche Regeln künftig genau in extremen Hotspots gelten sollen, dazu gibt es im Beschlusspapier keine konkreten Aussagen. Und anders als für Weihnachten ist für Silvester nicht ausgeschlossen, dass es dann eben doch wieder einen Flickenteppich gibt mit unterschiedlichen Länderregeln, mit wie vielen Menschen gefeiert werden darf.

Die grundsätzliche Linie immerhin ist nach diesem Mittwoch klar: Im Dezember sollen die eigentlich bis Ende November befristeten Corona-Auflagen verlängert und nochmals verschärft werden, um dann – quasi als eine Art Lichtblick für die Menschen – wenigstens Weihnachten im kleinen Kreis feiern zu können.

„Es ist ein besonderer Monat, der vor uns liegt. Und wir haben das in unseren Beschlüssen berücksichtigt“, sagt Merkel. Dennoch habe man bisher nur einen „Teilerfolg“ erreicht. Der exponentielle Anstieg der Corona-Zahlen sei gebrochen. Man könne sich mit dem Teilerfolg aber auf gar keinen Fall begnügen.

Wie geht es etwa im neuen Jahr weiter? Unklar. Anders als vor einigen Wochen in Aussicht gestellt, liefern Bund und Länder keine echte Langfriststrategie, wie man über den Winter kommen will. Die Bund-Länder-Runden werden weiterhin regelmäßig nachsteuern müssen.

Klar ist nun erst einmal: Freizeit- und Kultureinrichtungen und die Gastronomie bleiben dicht, zunächst bis 20. Dezember, am Ende wohl über den Jahreswechsel hinaus. Das kann aber jetzt noch nicht in Verordnungen gegossen werden. Und vor allem: Die Kontaktbeschränkungen werden weiter verschärft: „Private Zusammenkünfte“ werden von 1. Dezember an auf den eigenen und einen weiteren Haushalt begrenzt, jedoch in jedem Fall auf maximal fünf Personen, Kinder bis 14 Jahre ausgenommen.

Dafür aber sollen Familien und enge Freunde wenigstens zusammen Weihnachten feiern können, am besten nach einigen Tagen freiwilliger Selbstisolation. Die Schulferien sollen deshalb schon am 19. Dezember beginnen. Dann nämlich sollen, vom 23. Dezember an, Treffen „im engsten Familien- oder Freundeskreis“ möglich sein, bis maximal zehn Personen insgesamt, Kinder bis 14 Jahre ausgenommen.

Aber was ist mit Silvester? Die Ausnahmeregelung soll laut Beschluss „längstens“ bis zum 1. Januar gelten. Wird man am Ende also in einigen Ländern in kleinerem Kreis feiern können und anderswo nicht?

Auseinander gehen könnte es aber schon vorher, etwa bei den Schulen. Hier waren Merkel und ihr Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) bei den Ländern vor eineinhalb Wochen fast auf ganzer Linie abgeblitzt. Vor allem im Schulbereich wollte der Bund damals mit relativ drastischen Maßnahmen – wie etwa einer Halbierung der Klassen – eingreifen und so verhindern, dass sich die Schulen zu Horten der Infektion entwickeln könnten. Am Ende verhinderten die Länder jegliche Verschärfung.

Nun haben sich Bund und Länder immerhin auf eine Linie für Hotspots mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 verständigt. Dann „sollen“ schulspezifisch Maßnahmen ergriffen werden, namentlich Wechsel- oder Hybridunterricht ab Klassenstufe acht, außer Abschlussklassen. Die Umsetzung aber obliegt am Ende den Ländern.

Eine bittere Pille müssen wegen der Verlängerung des Teil-Lockdowns Gastwirte, Hoteliers oder Betreiber von Fitnessstudios, Kinos sowie Theatern schlucken. Der Bund greift aber erneut tief in die Schatulle: Auch für den Dezember soll es Zuschüsse geben, um Umsatzausfälle auszugleichen – wenn auch nicht in voller Höhe. Das kostet voraussichtlich 17 Milliarden Euro. Schon für die Novemberhilfen wird mit 14 bis 15 Milliarden Euro Volumen gerechnet.

Zwar sind vorhandene Finanztöpfe für andere Programme längst nicht ausgeschöpft. Der Bund hat aber schon immense Schulden gemacht. Die Debatte hat bereits eingesetzt, ob die Länder sich an Zuschüssen beteiligen sollen – falls der Teil-Lockdown im Januar weitergeht. Bund und Länder bleiben allerdings bei ihrer generellen Linie: Ansonsten soll die Wirtschaft so weit wie möglich am Laufen gehalten werden. Zu schwer waren die wirtschaftlichen Folgen des flächendeckenden Lockdowns im Frühjahr.

Und dann ringen Bund und Länder noch um die Bahn: Mit Blick vor allem auf den Weihnachtsverkehr mit normalerweise vollen Zügen soll es bei der Deutschen Bahn zusätzliche Maßnahmen geben – aber keine Reservierungspflicht, die einige dem Vernehmen nach wollten. Nun soll die „Sitzplatzkapazität“ deutlich erhöht werden, um noch mehr Abstand zwischen den Reisenden zu ermöglichen. Als denkbar gilt es, dass die Bahn mehr Züge einsetzt. Zugleich soll die Reservierbarkeit der Sitzplätze beschränkt werden. Konkret umsetzen muss dies die Bahn.

Der bundeseigene Konzern aber dürfte durch die Corona-Krise tiefer in die roten Zahlen rutschen, die Auslastung lag im November bei gerade mal 20 bis 30 Prozent. Der Bund hat schon eine Eigenkapitalspritze von fünf Milliarden Euro beschlossen, Brüssel muss diese aber noch genehmigen. Das dürfte aber nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Das ist nach den stundenlangen, zähen Beratungen am Mittwoch wieder das zentrale Problem: Keiner der Beteiligten weiß, ob und wie lange die Maßnahmen, die Gelder, die Beschlüsse reichen. Die Erfolge bei diversen Impfstoffen bieten Grund zur Zuversicht – aber bis dahin braucht es noch einen langen Atem. Und der Winter hat erst begonnen. „Wir brauchen noch einmal eine Kraftanstrengung“, sagt Merkel.

 

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