Neugeborenen-Screening

Mukoviszidose-Bluttest für Säuglinge

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Berlin -

Forscher aus Heidelberg haben einen zweistufigen Bluttest entwickelt, um beim Neugeborenen-Screening die Erbkrankheit Mukoviszidose identifizieren zu können. Dadurch kann der in Deutschland verbotene Gentest auf die Stoffwechselkrankheit umgangen und eine frühzeitige Therapie der kleinen Patienten ermöglicht werden.

Professor Dr. Georg Hoffmann, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinderheilkunde der Universität Heidelberg, und Professor Dr. Marcus Mall, Leiter der Sektion Pädiatrische Pneumologie des Mukoviszidose-Zentrums in Heidelberg, entwickelten den neuen Test ohne DNA-Untersuchung im Rahmen einer klinischen Studie. Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung finanzierte die Forschung.

Durch den Test wird die Konzentration an immunoreaktivem Trypsinogen (IRT) und Pankreas-assoziierte Protein (PAP) bestimmt. IRT wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet und ist bei Mukoviszidose-Patienten in seiner Konzentration im Blut erhöht. PAP ist ein Stressprotein, das insbesondere bei Entzündungen in der Bauchspeicheldrüse erhöhte Konzentrationen aufweist.

Die Blutentnahme für den Test wird im Rahmen des Neugeborenen-Screenings auf Stoffwechselkrankheiten in den ersten drei Tagen nach der Geburt durchgeführt. Wenige Tropfen Blut aus der Babyferse reichen für beide biochemische Tests aus. Zeigen beide Tests ein positives Ergebnis, wird ein sogenannter Schweißtest durchgeführt. Hier wird die Chlorid-Konzentration überprüft. Ist Chlorid im Neugeborenenschweiß erhöht, sichert der Test die Diagnose auf Mukoviszidose.

Mehr als 300.000 Neugeborene wurden mit Hilfe der zwei biochemischen Tests untersucht. Die Ärzte berichten im Fachjournal „Pediatric Pulmonology“, dass die Tests die Erkrankung der betroffenen Kinder zuverlässig identifizierten. Die biochemische Versuchsreihe sei empfindlicher als der in anderen Ländern verwendete Gentest.

In der Studie wurde bei 566 der IRT-positiven Neugeborenen auch der PAP-Test positiv ausgewertet. Am Ende zeigten 60 Neugeborene einen Nachweis im Schweißtest und konnten somit direkt therapiert werden. Hoffmann erläutert: „So haben fast alle Kinder mit Mukoviszidose die Chance, bereits im Alter von drei Wochen eine Therapie zu erhalten“. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) änderte auf Basis dieser Studie bereits die Vorgaben zur Mukoviszidose-Früherkennung: Die Tests der Heidelberger Ärzte sollen ab Frühjahr 2016 in das Neugeborenen-Screening integriert werden.

Jährlich kommen in Deutschland etwa 170 Kinder mit Mukoviszidose zur Welt. Die autosomal-rezessiv vererbbare Krankheit wird symptomorientiert behandelt. Im Fokus stehen Physiotherapie zur Sekretmobilisation des festsitzenden Schleimes in der Lunge, Antibiotika gegen Atemwegsinfekte und isotone oder hypertone Inhalationstherapie, gegen die ausgetrockneten Schleimhäute. Mall und sein Forscherteam testen nun in einer doppelblinden Studie, welche Inhalationslösungen bei Mukoviszidose besonders vorteilhaft sind. Ergebnisse werden Mitte 2016 erwartet.

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