Löwen-Apotheke

Das Vermächtnis des 100-Jährigen

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Berlin -

Seit dem 1. Oktober führt Apothekerin Dr. Claudia Krauße die Löwen-Apotheke in Bad Liebenwerda. Übernommen hat sie die Apotheke vom im Sommer verstorbenen und bis dahin ältesten Apotheker Deutschlands, Dr. Wolfgang Liebe. Er war am 1. August im Alter von 100 Jahren verstorben: „Ich habe gar nichts verändert“, sagt Krauße, „ich möchte seine Tradition fortsetzen.“

Allerdings – eines hat sie doch geändert. Die Löwen-Apotheke in Bad Liebenwerda ist jetzt die Hauptapotheke von Apothekerin Krauße. Das war bis vor kurzem noch die Anker-Apotheke in Riesa. „Das habe ich Herrn Liebe so versprochen“, erzählt die Apothekerin.

Die neue Inhaberin war seit zehn Jahren mit Apotheker Liebe befreundet. Sie haben sich regelmäßig über all die Jahre besucht. Die Fortführung der Apotheke habe sie mit ihm schon vor längerer Zeit vereinbart: „Das haben wir so besprochen“, so Krauße. Das Geld für den Kauf der Apotheke floss an die Dr. Wolfgang Liebe Bürgerstiftung, die sich sozialen Zielen widmet. Auch nach dem Tod des Gründers wird die Kurstadt auf diese Weise weiter von ihrem Ehrenbürger Unterstützung erfahren.

Doch der Haupt-Apotheken-Switch war komplizierter als gedacht – das Hindernis war die Ländergrenze. Bad Liebenwerda liegt in Brandenburg und Riesa in Sachsen: „Zunächst musste ich meine Hauptapotheke umschreiben lassen und dass ist ein bürokratischer Akt. Das ging nicht so schnell,“ berichtet Krauße. Zwei Monate musste Krauße warten, bis die Bürokratie erledigt war. Jetzt ist die Anker-Apotheke ihre Filiale.

Die Geschäfte in Bad Liebenwerda laufen unverändert weiter. Und auch in einem weiteren Punkt hat sich alles zum Guten gefügt. Nach dem Tod von Apotheker Liebe gab es zunächst eine Übergangsphase. Die Löwen-Apotheke war als Erbe an die „Dr. Wolfgang Liebe Bürgerstiftung Bad Liebenwerda“ gegangen. Als Verwalter führte Apotheker Christian Rusch die Apotheke in der Zwischenzeit. Jetzt arbeitet Rusch in der Anker-Apotheke in Riesa als Filialleiter – alle sind zufrieden.

Die Stiftung war Alleinerbin des Apothekers und wurde Ende 2012 von ihm mit einem Stiftungskapital von 450.000 Euro gegründet. Die Stiftung hat drei Stiftungszwecke. Gefördert werden sollen aus den Erträgen die Altenhilfe, die Bildung von Kindern und Jugendlichen und bürgerschaftliches Engagement. Erst als die Kaufverträge geschlossen waren, konnte der Switch daher starten.

Apothekerin Krauße führte vorher bereits im sächsischen Riesa die Anker-Apotheke und in Gröditz südlich von Bad Liebenwerda die Röder-Apotheke. „Ich fühle mich geehrt, dass ich die Arbeit von Apotheker Liebe fortführen kann und verspreche allen Kunden der Löwen-Apotheke Kontinuität und Service“, so die Apothekerin. Die Mitarbeiter der Löwen-Apotheke in Bad Liebenwerda blieben ebenfalls an Bord. „Die sind bei der Stammkundschaft bekannt und beliebt“, sagt Krauße.

Demnächst will Krauße publikumswirksam auf die lange Tradition der Löwen-Apotheke aufmerksam machen und dort ein „Fenster zur Geschichte“ einrichten. Einen besonderen Platz darin wird das „Privileg“ zum Betreiben der Apotheke erhalten, dass 1805 der Kurfürst von Sachsen, Friedrich August I, ausstellte – damals vergleichbar mit der heutigen Betriebserlaubnis.

Bis zu seinem Tod war Liebe der älteste noch aktive Apotheker in Deutschland. Noch kurz vor seinem Tod suchte er einen Nachfolger. Weil der 100-Jährige nicht mehr stehen und gehen konnte, beobachtete er das Geschehen in der Offizin zuletzt von einem Nebenraum. Die Tür zur Offizin stand immer offen.

72 Jahren führte Apotheker Liebe seine Löwen-Apotheke in Bad Liebenwerda, auf stolze 81 Berufsjahre kam er. Selbst zu DDR-Zeiten gelang es ihm, die Apotheke als Privatunternehmen zu führen. Der Apotheker gehörte zu Bad Liebenwerda, dort war er Ehrenbürger. Aber auch weit über die Grenzen der brandenburgischen Kurstadt hinaus wurde er bekannt. Liebe trug den Ehrendoktorhut der International University of Kyrgyzstan (IUK) in Bischkek, Kirgisistan.

Liebe arbeitete zunächst in der Apotheke seines Vaters, die er 1945 als Leiter und 1947 als Inhaber übernahm. Das aber reichte Liebe nicht. 1948 begann er das Studium der Medizin. Anders als viele andere Apotheker in der DDR konnte Liebe seine Apotheke gegen die staatlichen Interessen der DDR weiter als privates Unternehmen führen. 1972 verlieh ihm die DDR-Führung den Titel Pharmazierat. Nach der Wende verließ er 1995 mit seiner Apotheke sein Vaterhaus und zog zum Rossmarkt in Bad Liebenwerda um.

Seine Biografie machte Liebe über die Grenzen Brandenburg bekannt. Unter dem Titel „Wir werden noch gebraucht“ strahlte die ARD einen TV-Bericht über ihn aus. Im Jahr 2012 wurde Wolfgang Liebe mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland für sein ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet. In Bad Liebenwerda wurde eine Seniorenwohnstätte nach ihm benannt.

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