Praxisshop bietet „Rezepturarzneimittel“

Arzt als Versandapotheker

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Berlin -

Angebote zu fragwürdigen Nahrungsergänzungsmitteln gibt es im Internet zu Hauf. Doch mit solchen Kleinigkeiten hält sich der Arzt Dr. Enrico Edinger nicht auf: In seinem „Praxisshop“ wurden bis vor Kurzem unter anderem verschreibungspflichtige Arzneimittel angeboten. „Ihr einfacher Weg zum Rezepturarzneimittel“ ist aber zuletzt etwas steiniger geworden, weil die Wettbewerbszentrale auf das Angebot aufmerksam geworden ist. Es ist nicht das erste Mal, dass der Arzt Ärger hat.

Edingers Firma Inakarb mit Sitz in Rolandseck in Rheinland-Pfalz ist unter anderem als „Privatpraxis & Gesundheitszentrum“ im Netz zu finden. Im Praxisshop-Profedinger wurden noch Ende Februar verschiedene apotheken- oder verschreibungspflichtige Präparate angeboten.

So konnte man hochdosiertes Vitamin D (Dekristol 20.000 i.E., Dermapharm) in den Warenkorb legen. Das Rx-Präparat ist offiziell mit 36,95 Euro gelistet, Edinger hatte es für 48,06 Euro im Shop. Auch das Homöopathikum Aurum Metallicum (DHU) war im Angebot sowie Melatonin 100mg Liposomencreme, 10-prozentig in einer 100g-Packung. In der Detailansicht gab es jeweils eine genauere Anwendungsbeschreibung.

Der Weg zum Produkt wird so beschrieben: „Rezepturarzneimittel wählen und in den Warenkorb einfügen. Einfach und sicher bezahlen. Bestellbestätigung erhalten. Anamnese-Fragebogen ausfüllen und absenden. Rezepturarzneimittel zusammen mit ihrem Rezept erhalten.“ Ob die Mittel tatsächlich verschickt wurden, ist nicht bekannt. Die Wettbewerbszentrale hat Edinger wegen des Angebots abgemahnt. Heute ist der Shop verwaist, an anderer Stelle werden dagegen noch immer Melatonin- und Testosteroncemes angeboten. Zu einer Stellungnahme oder genaueren Erklärung seines Angebots war er bislang nicht zu erreichen.

Wer ist dieser „Prof. Dr. nauk Dr. med. Enrico Edinger“, der bei seinem Titel auf die VEKK-Moskau verweist? Die Wettbewerbszentrale führt schon wegen dieser Bezeichnung ein Verfahren gegen ihn. Und das Amtsgericht Sinzig hat Edinger Ende 2017 wegen Titelmissbrauchs und Betrugs zu einer Geldstrafe von 19.000 Euro verurteilt. Die Berufung ist mit der Maßgabe als unbegründet verworfen worden, dass Edinger zu einer Gesamtgeldstrafe von 165 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt wird. Gegen das Berufungsurteil hat er wiederum Revision eingelegt. Hierüber hat das Oberlandesgericht Koblenz zu befinden.

Laut Homepage betreibt Edinger in Rolandseck bei Bonn sein Zentrum. Dort vereine er „sowohl Schul- als auch universitär qualitätsgesicherte Ganzheitsmedizin mit qualitativ hochwertigen raumfahrtmedizinischen Verfahren unter einem Dach“. An anderer Stelle werden „sensationelle Erfolge bei chronischen Erkrankungen“ gerühmt und „in der Prävention und Steigerung der Leistungsfähigkeit von Managern und Spitzensportlern, sowie bei der Verbesserung der Lernfähigkeit von Kindern und in der Verjüngungsmedizin.“

Über „Weltraummedizin“ kann man auf der Seite von Inakarb selbst mehr erfahren. Deren enormes Potenzial hat man sich zunutze gemacht, um ein einzigartiges Gesundheitskonzept zu entwickeln, „das erstmals die Erkenntnisse der Regulationsmedizin, der mitochondrialen Energiemedizin, der Biophysik, der Chrono- und Kosmophysik sowie der Schulmedizin unter Einbeziehung individuell angepasster Nahrungsergänzungsmittel zusammenführt“.

In einem Video referiert Edinger selbst über die Verjüngung im All. Hier wird seine „Akademie für Regulationstherapie und Bewusstseinsforschung“ vorgestellt, wo er angeblich „chronische Krankheiten mit wissenschaftlich fundierten Verfahren der quantenphysischen Weltraummedizin“ behandelt. Der Website zufolge hält Edinger auch Vorträge zum Thema, kommende Woche gastiert er demnach in der Schweiz.

Im Netz hat sich Psiram eingehend mit Edinger befasst. Im Wiki der Skeptikerbewegung gibt es einen ausführlichen Beitrag über seine sonstigen Aktivitäten. Inakarb bezeichnet das als verleumderische Anschuldigungen, der sich jeder stellen müsse, der nicht im Fahrwasser der einflussreichen Pharmalobby schwimme.

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