Biosimilars

Streit um Infliximab-Festbetrag

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Berlin -

Erste Festbetragsgruppe für monoklonalen Antikörper: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) schreibt Geschichte und wird dafür von der Arbeitsgemeinschaft Pro Biosimilars kritisiert.

Der G-BA legt fest, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge eingeführt werden. Neu ist die Festbetragsgruppe um den monoklonalen Antikörper Infliximab, bekannt aus Remicade (MSD) und den Biosimilars Remsima (Mundipharma), Inflectra (Pfizer) und Flixabi (Biogen). Die parenteralen Darreichungsformen werden unter anderem für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis, chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen oder Psoriasis eingesetzt.

Der Beschluss wird seitens der Hersteller und Pro Biosimilars kritisiert. Die Unternehmen wehrten sich bereits während der Gruppenbildung gegen den Festbetrag. So gab es den Einwand der pharmazeutischen Unterschiede, der verschiedenen Herstellungsprozesse und Ausgangsmaterialien sowie der unterschiedlichen Bioverfügbarkeiten. Gegen eine Festbetragsgruppenbildung spricht aus Sicht der Hersteller auch die nicht ausreichende Evidenz für die Unbedenklichkeit eines nicht medizinisch begründeten Austausches.

Biogen und AbbVie erklärten, Biosimilars seien ähnlich, aber nicht generisch übereinstimmend. Eine Festbetragsgruppenbildung der Stufe 1 sei nicht möglich. Biogen erklärte weiter: „Kleinste Veränderungen im Herstellungsprozess und der Handhabung der Zelllinien können sich auf Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit der Arzneimittel auswirken. Zugleich sind unterschiedliche pharmazeutische Hilfsstoffe, Applikationssysteme und Lagerungsvorschriften zu beachten“.

Auch Teva hatte Einwände, schließlich sei eine Aut-idem-Substitution nicht möglich. Der G-BA dürfe nicht davon ausgehen, dass es sich um Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen handele. Zudem verwies der Konzern auf den Rahmenvertrag: Eine Austauschpflicht bei Biosimilars bestehe nur, wenn „sie mit Bezug auf das jeweilige Referenzarzneimittel zugelassen wurden, sie sich in den Ausgangsstoffen und im Herstellungsprozess nicht unterscheiden und sie in der Anlage 1 des Rahmenvertrages namentlich aufgeführt sind“.

Der G-BA ließ sich jedoch von den Einwänden nicht beirren und legte eine Festbetragsgruppe auf der Ebene derselben Wirkstoffe fest. Unterschiedliche Herstellungsverfahren oder Ausgangsmaterialien stünden einer Festbetragsgruppenbildung der Stufe 1 nicht entgegen. Dies sei auch für unterschiedliche Hilfsstoffe, Applikationssysteme und Lagerungsvorschriften zutreffend. Josef Hecken, Vorsitzender des G-BA, merkte an, „dass der (Nicht-)Austausch eventuell in der Substitutionsausschlussliste zu regeln sei“. In der Begründung des G-BA heißt es weiter: „Festbeträge sollen Wirtschaftlichkeitsreserven ausschöpfen und einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen.“

Dem widerspricht die Arbeitsgemeinschaft Pro Biosimilars. Die Festbetragsgruppenbildung hebele einen funktionierenden Wettbewerb aus und senke die Bereitschaft der Unternehmen, in die Entwicklung von Biosimilars zu investieren und dem deutschen Markt bereit zustellen. Ein Wettbewerb sei nur mit Pluralität und verschiedenen Anbietern möglich. „Eine Voraussetzung dafür ist die Bereitschaft von Unternehmen, in diesen Markt zu investieren und damit das Preismonopol des Erstanbieters zu brechen.“ Mit der Einführung der Festbetragsgruppe sei dies nicht möglich. Biosimilars würden ihren Wettbewerbsvorteil, den niedrigen Preis, verlieren, wenn der Originator den Preis des Referenzproduktes auf den Festbetrag absenke. Gleiche Preise förderten keinen Wettbewerb.

Laut Pro Biosimilars haben Infliximab-Biosimilars im dritten Quartal 2017 einen Versorgungsanteil bei gesetzlich Versicherten von 48 Prozent nach Tagestherapiedosen (DDD) ausgemacht. Die Arbeitsgemeinschaft verweist auf die Festbetragsgruppe der Epoetine, wo eine Differenzierung zum Referenzprodukt nicht mehr erkennbar sei.

Biosimilars sind Nachahmerprodukte biotechnologisch erzeugter Wirkstoffe auf Basis von Proteinen, die nach dem Patentablauf zugelassen werden können. Da sich die Herstellungs- und Aufbereitungsverfahren unterscheiden, können Original und Nachahmer innerhalb gewisser Grenzen voneinander abweichen. Wissenschaftler sprechen von Mikroheterogenitäten.

Entscheidend ist die Aminosäurefrequenz des Biosimilars, sie muss mit dem Original identisch sein. Für die Zulassung sind eigene Studien zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit notwendig. Die Hersteller dürfen sich – anders als bei einem Generikum – nicht auf die pharmakologischen und klinischen Studien des Originalanbieters beziehen. Ein eigenes Herstellungsverfahren muss ebenfalls entwickelt und etabliert werden. Die rekombinanten therapeutischen Proteine sind im Vergleich zum Original günstiger.

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