Koalitionsvertrag

JuLis: Ketten statt Versandverbot

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Berlin -

Eine Woche hat es gedauert, jetzt kommen Kritik und Spott über das geplante Rx-Versandverbot. Die Jungen Liberalen (JuLis) machen mobil gegen die Absicht der Großen Koalition, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Phil Hackemann, stellvertretender Bundesvorsitzender, nannte den Plan einen weiteren Beweis für die Rückwärtsgewandtheit von Merkel & Co.

Für Hackemann ist der Versandhandel ein „innovatives Geschäftsmodell”, das die flächendeckende Versorgung stärke und außerdem bewegungseingeschränkten Menschen eine Hilfe sei. Hackemann weiter: „Doch statt den Apothekenmarkt fair zu gestalten und allen Unternehmen eine gleichberechtigte Teilnahme daran zu ermöglichen, fällt der GroKo offenbar nichts Besseres ein, als die unliebsame Konkurrenz kurzerhand einfach nur zu verbieten. Das ist Klientelpolitik vom Feinsten und zwar zulasten der Bürger.”

Außerdem müssten mündige Bürger selbst entscheiden dürfen, wie und wo sie ihre Medikamente kaufen. „Auch auf dem Apothekenmarkt ist Wettbewerb sinnvoll und belebt das Geschäft.“ Natürlich müssten dabei für alle Marktteilnehmer die gleichen Bedingungen gelten. „Deshalb sollten wir nicht darüber diskutieren, ob der Versandhandel verboten, sondern eher, ob die Preisbindung für Arzneimittel aufgehoben werden sollte.“

Allgemein müsse der Apothekenmarkt liberalisiert werden. „Dessen Strukturen sind antiquiert und verhindern Innovation und Wettbewerb.“ Daher setzen sich die JuLis zum Beispiel auch für die Aufhebung des „Fremd- und Mehrfachbesitzverbotes“ ein, welches es „Apothekern bisher verbietet, ihr Unternehmen mit der Zeit wachsen zu lassen“. Hackemann: „Ich erwarte nun auch von der FDP-Bundestagsfraktion, dass sie diese Position konsequent vertritt.“

Die FDP hatte sich, auch auf Betreiben der JuLis, wie Hackemann schreibt, in ihrem Bundestagswahlprogramm klar gegen ein Rx-Versandverbot sowie das Fremd- und Mehrfachbesitzverbot ausgesprochen. Tatsächlich hatte der Parteitag im April nach ausführlicher und teilweise turbulenter Debatte den Antrag des Landesverbandes Baden-Württemberg abgelehnt, ein Rx-Versandverbot zu prüfen. Die große Mehrheit stimmte für den von der FDP-Parteiführung um Christian Lindner entwickelten Vorschlag zur Arzneimittelversorgung. Im Wahlprogramm hieß es dann: „Weitere Marktzugangshemmnisse wie das Fremdbesitzverbot müssen abgeschafft werden.“

Lindner trug den Protest der Apotheker anschließend stolz zur Schau: „Den Shitstorm der stationären Apotheker haben wir hingenommen, weil wir uns der Wahlfreiheit der Kunden verpflichtet fühlen.“ Mitschuld am Ausscheiden der FDP 2013 aus dem Bundestag tragen laut Lindner die Apotheker – nur 5 Prozent hätten trotz guter Politik FDP gewählt.

Vom Parteinachwuchs hatten sich zunächst die JuLis in Bochum kopfüber in die Debatte gestürzt: Ende Februar 2017 zeigten sie ein weinendes Kleinkind in einer Badewanne unter dem Satz: „FDP fordert Zulassung von Versandapotheken.“ Darunter das Statement der Julis: „Dann zahlt der Verbraucher ja hinterher weniger!“ Anfang März freuten sie sich ebenfalls bei Facebook darüber, dass Amazon demnächst per Drohne Arzneimittel bis zur Haustür liefere.

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