Dry January

Kurzzeitiger Alkoholverzicht bringt nicht viel

, Uhr
Berlin -

Die Raketen fliegen, die Sektgläser klirren aneinander – zum vorerst letzten Mal. Einen Monat ohne, das schafft man doch bestimmt. Auf Alkohol zu verzichten, ist ein beliebter Vorsatz zum Jahreswechsel. 2017 gaben in einer Forsa-Umfrage für die Krankenkasse DAK 12 Prozent der Befragten an, dass sie 2018 weniger Alkohol trinken möchten. Warum also nicht mit einem rauschfreien Monat starten?

Seinen Alkoholkonsum überhaupt erstmal kritisch zu reflektieren, das hält Christina Rummel von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) für eine gute Idee. Der Verzicht ist auch eine psychologische Probe. „Wenn man in diesem Dry January merkt, dass man es nicht schafft, seinen Alkoholkonsum zu reduzieren, kann dies ein Anstoß sein, sich Hilfe zu holen.“ In diesem Fall hätte der Vorsatz auf jeden Fall einen Effekt.

Dass zeitweiser Alkoholverzicht aber tatsächlich langfristig positiv – zum Beispiel entgiftend – auf den Körper wirkt, ist nur schwer nachweisbar. „Die Evidenz ist gering, es gibt kaum Studien“, sagt Professor Christian Sina, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin am Universitätsklinikum Lübeck.

Trotzdem befürworten die Experten einen Verzicht. Denn es gilt der Grundsatz: Je weniger Alkohol, desto besser. Das Krankheitsrisiko für Erwachsene ist laut DHS für Frauen ab zwölf Gramm reinem Alkohol pro Tag nachweislich erhöht. Das entspricht etwa 0,3 Litern Bier. Bei Männern ist der Schwellwert doppelt so hoch. Welche Form des Alkohols man trinkt, spielt keine Rolle.

Umso wichtiger dafür bei diesen Zahlen: „Auch wenn man weniger trinkt, ist das Risiko für gesundheitliche Folgen nicht gleich Null“, sagt Professor Dr. Volker Ellenrieder, Direktor der Klinik für Gastroenterologie der Universitätsmedizin Göttingen. Wer aber mehr Alkohol trinkt, kann damit seinem Körper schaden – vor allem der Leber. „Je mehr man vorher getrunken und die Leber geschädigt hat, desto mehr Zeit braucht das Organ, um sich zu erholen“, erklärt Ellenrieder. Ein Verzicht auf Alkohol kann deshalb zumindest einigen Menschen helfen – vier oder acht Wochen Verzicht seien gut.



Das gefährliche an Lebererkrankungen: Sie fallen oft kaum auf. „Die Leber tut nicht weh. Müdigkeit ist der Schmerz der Leber“, sagt Volker Ellenrieder. Denn fehlende Entgiftung kann für Ablagerungen im Gehirn und damit für Müdigkeit sorgen. Allerdings verträgt die Leber viel und hat ein hohes Regenerationspotenzial. Das kann man nutzen, indem man ihr eine Weile Ruhe gönnt.

Zu viel Alkohol ist aber auch für andere Organe gefährlich. „Chronischer Alkoholkonsum kann auch zu Entzündungen der Bauchspeicheldrüse führen“, sagt Ellenrieder. Akut kann Alkohol bekanntlich die Konzentration, Koordination und Emotionen beeinflussen. Und egal, ob chronisch oder akut – exzessiver Alkoholkonsum kann auch zu Lebensgefahr führen. „Alkohol ist immer riskant für die Gesundheit“, betont auch Christina Rummel.

Zeitweise zu verzichten, tut den Organen also erstmal gut. Zudem hat die Abstinenz kurzfristige Effekte: Alkohol ist kalorienreich. Wer eine Zeit lang nicht trinkt, kann Übergewicht abbauen. Die Schlafqualität verbessert sich, und der Blutdruck sinkt. Ob das funktioniert, ist aber abhängig von Begleiterkrankungen und der sonstigen Ernährung, betont Sina. Wer auf Alkohol verzichtet, sich aber trotzdem weiter mit Ungesundem den Bauch vollschlägt, wird kaum positive Effekte spüren – oder dem Körper sogar weiter schaden.

Manch einer glaubt zudem, sich durch den zeitweisen Alkoholverzicht einen Freifahrtsschein für den Rest des Jahres zu erarbeiten. Den versäumten Alkohol später aufzuholen, ist aber nicht sinnvoll. „Es macht keinen Unterschied, ob man jeden Tag ein bisschen oder die ganze Menge an einem Tag trinkt“, erklärt Volker Ellenrieder. Die Experten empfehlen eher, die vorgegebenen täglichen Höchstmengen an Alkohol einzuhalten. Und selbst dann wird noch zu zwei komplett alkoholfreien Tagen in der Woche geraten.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Neuere Artikel zum Thema

APOTHEKE ADHOC Debatte