Bisphenol A

BUND: Hersteller sollen freiwillig verzichten

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Berlin -

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die Hersteller von Thermopapieren zum Rückruf Bisphenol-haltiger Produkte und zum freiwilligen Ersatz der Chemikalie aufgefordert. Die Spezialpapiere für Kassenbons, Eintritts- und Fahrkarten, Kofferetiketten oder Automaten-Tickets gefährdeten die Gesundheit der Verbraucher, so die Meinung des Umweltschutzverbandes. Der Stoff steht im Verdacht, Erkrankungen des Hormonsystems sowie des Herzkreislauf- und Nervensystems auszulösen.

In vom BUND veranlassten Stichproben von Kassenbons, Eintrittskarten und Kofferetiketten sei mehrheitlich nicht nur Bisphenol A (BPA), sondern auch die ähnliche Substanz Bisphenol S (BPS) nachgewiesen worden. Getestet wurden Kassenbons von Tankstellen, großen Drogerie- bzw. Handelsunternehmen, Kinoeintrittskarten und Kofferetiketten von Lufthansa und Air Berlin. In 14 von 19 untersuchten Proben wurden BPA oder BPS nachgewiesen. Die höchsten BPA-Werte wurden bei Kassenbons von Shell- und Aral-Tankstellen, der Drogeriekette Rossmann und bei Eintrittskarten der Kinogruppe Cinestar gemessen.

„Die Menschen kommen täglich mit zahlreichen Artikeln in Kontakt, die Bisphenole enthalten. Diese Stoffe haben in verbrauchernahen Produkten nichts zu suchen. Ein Verbot darf nicht nur BPA betreffen, es muss auch chemisch verwandte Bisphenole wie BPS umfassen. Die Hersteller von Thermopapieren sollten Bisphenol-haltige Produkte zurückrufen und vorhandene gesundheitlich unbedenkliche Alternativen sofort einsetzen“, forderte der BUND-Chemieexperte Manuel Fernández.

Der empfohlene Grenzwert war bereits 2014 deutlich verschärft worden. Die Lebensmittelbehörde EFSA hatte den Wert des Stoffes in einer Gefahrenbewertung von 50 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag auf 4 heruntergesetzt. Derzeit untersucht die Behörde das Gefahrenpotenzial erneut.

In einer ersten Bewertung waren die Experten der EFSA zu dem Schluss gekommen, „dass BPA bei der derzeitigen Verbraucherexposition für keine Altersgruppe ein Gesundheitsrisiko darstellt“. Die Aufnahme über Ernährung oder durch eine Kombination verschiedener Quellen wie Ernährung, Staub, Kosmetika und Thermopapier von Kassenbons liege deutlich unterhalb der sicheren neuen Obergrenze.

Der Stoff wird in verschiedenen Studien als potenziell schädlich für Leber und Niere eingestuft. Die Konzentration müsse allerdings um mehr als das Hundertfache über der derzeit bestehenden Obergrenze liegen, so die Aussage der EFSA. Studien, die Bisphenol A als Ursache für andere Krankheiten nennen, waren weniger aussagekräftig. Folgen für die Fortpflanzungsorgane, das Stoffwechsel-, Herz-Kreislauf-, Nerven- und das Immunsystem waren „nicht als wahrscheinlich“ erachtet worden, wurden aber nicht ausgeschlossen. Das gelte auch für Krebs, so die EU-Behörde.

Der Risikoausschuss der Europäischen Chemikalienbehörde ECHA hatte dagegen 2015 wegen „nicht beherrschbarer Gesundheitsrisiken“ ein Verbot von BPA in Thermopapier empfohlen. Frühestens im kommenden Juli wird der Regelungsausschuss der EU-Kommission über ein solches Verbot abstimmen.

Nach Meinung des BUND geht die EU-Kommission mit der Gesundheit der Menschen fahrlässig um. „Der Zeitraum zwischen dem Erkennen der Bisphenol-Gefahren und den erforderlichen Gegenmaßnahmen ist einfach zu groß. Ein Verbot von BPA und ähnlich gefährlichen Bisphenolen in Thermopapier ist längst überfällig“, so Fernández.

Negative Auswirkungen könnten hormonelle Schadstoffe bereits in sehr geringen Konzentrationen haben. „Vor allem Schwangere, die an ihren Arbeitsplätzen mit Kassenbons und anderen Bisphenol-belasteten Schriftstücken in Berührung kommen, sind inakzeptablen Risiken ausgesetzt. Besonders gefährdet sind auch Ungeborene und Kleinkinder“, sagte Fernández.

2015 hatte Frankreich Bisphenol A in allen Materialien, die Kontakt zu Lebensmitteln haben, verboten. Auf EU-Ebene wurde die Verwendung von Bisphenol A bislang nur in Babyfläschchen untersagt.

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