Steuerhinterziehung

Schäuble zählt Apothekenkassen

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Berlin -

Die Regierung macht Ernst im Kampf gegen Steuerhinterziehung. Das Bundesfinanzministerium (BMF) prüft derzeit die Einführung von sogenannten Smartcards – eine Art Fahrtenschreiber für Kassensysteme. Um die dabei anfallenden Kosten für die Wirtschaft zu ermitteln, will sich das Ministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) zunächst einen Überblick verschaffen: Etliche Branchen sollen dem BMF mitteilen, wie viele Unternehmen betroffen wären und wie viele Kassen es in den Geschäften gibt. Auch die Apotheker sind gefragt.

Aus Sicht des Ministeriums sind die heute bestehenden technischen Möglichkeiten zur Manipulation von elektronischen Buchführungs- und Kassendaten ein ernst zu nehmendes Problem. „Es besteht daher Handlungsbedarf, um gegen Steuerhinterziehung aufgrund manipulierter Kassendaten vorzugehen“, heißt es in dem Schreiben von Dr. Hans-Ulrich Misera, Ministerialdirigent in der Steuerabteilung des BMF.

Um bargeldintensive Branchen steuerlich transparenter zu machen, prüft das BMF zusammen mit den Ländern derzeit Konzepte, die einen Betrug an der Kasse unmöglich machen sollen. Eine Variante ist INSIKA (Integrierte Sicherheitslösung für messwertverarbeitende Kassensysteme). Mittels einer digitalen Signatur, die von einem Trustcenter vergeben werden soll, können damit Manipulationen an Kassen nachgewiesen werden: Auf jeden Kassenbeleg wird ein 2D-Code gedruckt und zusammen mit den Buchungsdaten dauerhaft gespeichert.

Laut BMF ist über die Einführung des Systems noch nicht entschieden. Wann die ergebnisoffene Prüfung abgeschlossen sein wird, kann das Schäuble-Ressort noch nicht sagen. Zunächst seien die technischen, organisatorischen und rechtlichen Detailfragen zu klären.

Auch die anfallenden Kosten will das BMF vorab ermitteln. Denn die Einführung von INSIKA würde bedeuten, dass Unternehmen ihre Kassen gegebenenfalls nachrüsten müssen. Die Smartcard benötigt eine Anschlussmöglichkeit an das Kassensystem, dazu reicht allerdings schon ein USB-Anschluss. „Anforderungen an die Bauart – und insbesondere die Sicherheit der Registrierkasse selbst – gibt es nicht“, schreibt Misera.

Der Unterabteilungsleiter im BMF weist auch darauf, dass INSIKA keinen Schutz biete gegen die „Nichterfassung von Geschäftsvorfällen“, also einer „schwarzen Kasse“. Da Registrierkassen hierzulande nicht verpflichtend seien, könnte INSKIA bei offenen Ladenkassen demnach gar nicht angewendet werden.

Apotheken dagegen müssten nach den Plänen jede Kasse mit einer Smartcard ausstatten. Eine eigene Einheit für jeden Bediener sei dagegen nicht notwendig, so das BMF. Betroffen wären nicht nur computergestützte Kassensysteme, sondern auch „diesen vor- und nebengelagerte Systeme, insbesondere Warenwirtschafts- und Fakturierungssysteme“, erklärt Misera. Hinzu kämen kassenähnliche Systeme wie Waagen mit Kassenfunktion, Warenautomaten, Wettterminals oder Taxameter. Alle ausgegebenen Einheiten sollen in einem Verzeichnis geführt werden.

Im Rahmen seiner Prüfung will das BMF jetzt ermitteln, welche „Bürokratiekosten“ für die betroffenen Wirtschaftszweige anfallen würden, sollte INSIKA eingeführt werden. Deshalb wurde insgesamt 33 Verbände gebeten, Fallzahlen der betroffenen Unternehmen zu liefern, darunter auch die ABDA.

Gemeldet werden soll die Anzahl der voraussichtlich betroffenen Unternehmen, was leicht sein dürfte. Das BMF interessiert sich aber konkret auch dafür, wie viele elektronische Geräte zur Aufzeichnung von Bargeschäften im Einsatz sind. Die ABDA wird gebeten, die Kosten für eine etwaige Umrüstung zu schätzen.

Das BMF hatte bereits im November 2010 darauf hingewiesen, welche Unterlagen bei Bargeschäften aufbewahrt werden müssen. Kassen, die dies nicht leisten, müssen bis Ende 2016 vom Markt verschwunden sein. Die angeschriebenen Verbände sollen schätzen, welche Kosten für Neuanschaffung oder das Nachrüsten bestehender Systeme anfallen könnten.

Hiervon dürften Apotheken wiederum nicht betroffen sein, da ihre Kassensysteme die Anforderungen schon erfüllen. Andere Branchen stehen in diesem Punkt vor größeren Herausforderungen, etwas das Taxi-Gewerbe. Der Dachverband Taxi Deutschland zählt entsprechend ebenfalls zu den neben der ABDA angeschriebenen Verbände.

Post aus dem BMF haben aber auch die Bundesärztekammer (BÄK) und der Bundesverband Praktizierender Tierärzte sowie der Dachverband der Heilpraktiker erhalten. Apotheker und Ärzte tummeln sich unter den Bundesverbänden der Lotto-Toto-Verkaufsstellen, der Kunstversteigerer und Kantinenpächter. Abgefragt werden natürlich auch der Lebensmitteleinzelhandel, Schnellgastronomie und Tankstellen.

Bis zum 13. März sollen die Verbände eine Stellungnahme abgeben. Die Mitgliedsorganisationen der ABDA sollen ihre Erkenntnisse bis zum 6. März in die Jägerstraße schicken.

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