Rezeptsammlung

Edeka-Apotheke: Pick-up mit Kontaktsperre

, Uhr
Berlin -

Rezeptsammelstellen dürfen Apotheken nur nach Genehmigung betreiben und grundsätzlich nicht in Gewerbebetrieben. Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) hat daher der Pinguin-Apotheke aus Herne verboten, in einem Edeka-Markt Rezepte einzusammeln und die bestellten Medikamente in der Apotheke bereitzuhalten oder direkt auszuliefern. Doch die Apotheke gibt noch nicht auf und versucht jetzt, aus der Rezeptsammel- eine Pick-up-Stelle zu machen.

Direkt nach der mündlichen Verhandlung am 12. Mai hatte die Pinguin-Apotheke ihr Angebot umgestellt. Da die Apotheke über eine Versanderlaubnis verfügt, können die Kunden neuerdings eine Zustellung über DHL wählen. Nur in einem engen Radius kann weiterhin der Botendienst der Apotheke in Anspruch genommen werden. Eine Abholung in der Offizin ist dagegen nicht mehr möglich.

Seit Ende vergangenen Jahres steht im Eingangsbereich des Edeka-Marktes in Herne-Holsterhausen ein Aufsteller mit der Aufschrift: „Hier können Sie Ihr Rezept einwerfen.“ Angebracht sind ein Briefkasten sowie mehrere Regale, bestückt mit Bestellscheinen und Briefumschlägen. Kunden werden nebenbei darauf hingewiesen, dass sie auch die Bonustaler der Apotheke im Markt einlösen können. Zudem gibt es Aufkleber mit Werbung für den Rezeptservice an den Kassen des Supermarktes.

Bestellungen bis 14 Uhr wurden bislang vom Boten der Apotheke am selben Tag ausgeliefert, wenn der Kunde diesen Wunsch auf dem Bestellschein vermerkte. Er konnte sich aber auch dafür entscheiden, die Arzneimittel selbst in der Pinguin-Apotheke in Herne abzuholen, die etwa vier Kilometer in Richtung Stadtzentrum liegt. Dieser Teil fällt jetzt weg. Das abgeänderte Modell wurde der Gegenseite vorgestellt. Ob die Konkurrenz auch gegen die Versand-Variante vorgehen wird, ist aber noch offen.

Gegen das ursprüngliche Modell geklagt hatte Annegret Koglin, Inhaberin der „Neuen Apotheken“ in Herne. In zweiter Instanz gab ihr das OLG recht. Es handele sich eben nicht um eine Pick-up-Stelle, sondern um eine Rezeptsammelstelle, so die Urteilsbegründung. Damit hätte die Apotheke eine Genehmigung für den Betrieb einholen müssen – die sie aber in einem Herner Supermarkt aufgrund der Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) nicht bekommen hätte.

Das OLG sieht in dem Angebot einen Verstoß gegen §24 ApBetrO. Demnach können Rezeptsammelstellen nur genehmigt werden, wenn dies zur „ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheken [...] erforderlich ist“.

Zwar gibt es in Herne-Holsterhausen tatsächlich keine Apotheke mehr. Doch die ApBetrO verbietet ausdrücklich auch den Betrieb von Rezeptsammelstellen in Gewerbebetrieben und bei Angehörigen der Heilberufe. Dass in dem Briefkasten bei Edeka auch OTC-Bestellungen aufgegeben werden können, ändert laut OLG nichts daran, dass es sich um eine nicht genehmigte Rezeptsammelstelle handelt.

Nun hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Pick-up-Stellen in Drogeriemärkten 2008 für zulässig erklärt. Die Leipziger Richter hatten seinerzeit befunden, dass die Regeln für die Rezeptsammlung im Versandhandel nicht einschlägig seien. Sammelbestellungen seien seit jeher ein „typisches Element des Versandhandels“, hieß es in der Urteilsbegründung. Wenn der Gesetzgeber den Versand von Arzneimitteln zulasse, könnten auch Bestellungen gesammelt und gebündelt an die Versandapotheke verschickt werden.

Das OLG stützt sich auf diese Argumentation. Das BVerwG habe die ApBetrO systematisch ausgelegt, die Vorschrift gehe demnach „von der räumlichen Bindung der Arzneimittelabgabe an die Apotheke aus“. Genau in diesen Bereich falle das Angebot der Pinguin-Apotheke.

Spannend wäre, ob das OLG die „Umwandlung“ in eine Pick-up-Stelle durchgehen lassen würde. Sollten die beiden Herner Apothekerinnen in einem Hauptsacheverfahren darüber streiten, stünde womöglich ein Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Thema Rezeptsammlung an. Aber soweit ist es noch nicht: Aktuell werden im Edeka-Markt nach dem neuen Modell weiter Rezepte gesammelt.

Newsletter
Das Wichtigste des Tages direkt in Ihr Postfach. Kostenlos!

Hinweis zum Newsletter & Datenschutz

Mehr aus Ressort
Zahlen weiterhin im freien Fall
Ende März: Wieder 140 Apotheken weniger
Apotheke schließt nach 30 Jahren
„Wir brauchen einen Gebietsschutz“

APOTHEKE ADHOC Debatte