Apothekenhonorar

96.000 Euro: Notdienst sichert Apotheke

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Helgoland -

Das politische Ziel der Notdienstpauschale war es, Landapotheken finanziell zu stärken. In Extremfällen müssen solche Apotheken jeden Tag Notdienst leisten – und kommen entsprechend auf sehr hohe Einnahmen durch die Pauschale. Das ist gewollt, schafft es doch einen Anreiz, Apotheken auch in kaum besiedelten Gebieten fortzuführen und damit die medizinische Versorgung zu sichern. Die Apotheke der Nordseeinsel Helgoland ist ein Beispiel dafür, dass mit der Pauschale dieses Ziel erreicht werden konnte.

Auf Helgoland versorgt die Insel-Apotheke allein die etwa 1300 Bewohner – und während der Saison die Touristen. Inhaber Carsten Hase hat deshalb an 365 Tagen im Jahr Notdienst. Hase hat die Insel-Apotheke erst im April des vergangenen Jahres von Lutz Neumcke übernommen. Neumcke zufolge war es angesichts des ständig zu leistenden Notdiensts nicht leicht, einen Nachfolger zu finden. Doch Apotheker Hase war auf der Suche nach einer beruflichen Veränderung. Und den Braunschweiger hat der entspannte Lebenstil auf der Insel überzeugt.

Dieser Annehmlichkeit stehe die durchgängige Abrufbereitschaft gegenüber. Der nächtliche Notdienst verlangt, zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens in der Apotheke Volldienst zu leisten. Das bedeute „24 Stunden pro Tag, 365 Tage im Jahr Dienst – und das Handy immer mit unter die Dusche nehmen“, so der Apotheker. Für jeden Urlaub muss zudem eine Vertretung gefunden werden, die bereit ist, ebenfalls zu diesen Konditionen zu arbeiten.

Allerdings sei der Notdienst für ihn eher ein Bereitschaftsdienst. Wie schon sein Vorgänger wohnt Hase direkt über der Apotheke. Sein Handy ist mit der Türklingel der Apotheke verbunden. Mit der Apothekerkammer habe er vereinbart, dass er in einem Notfall innerhalb von zwei Stunden in seiner Apotheke sein müsse.

Hase erhält für seinen Dienst täglich die jeweils aktuell geltende Notdienstpauschale. Im vergangenen Jahr lag diese im Schnitt bei 265 Euro pro Volldienst. Damit hat er seit der Übernahme der Apotheke im April ein Notdienst-Honorar von etwa 72.900 Euro erhalten. Sein Vorgänger bekam für das erste Quartal zusätzlich etwa 23.800 Euro.

Für den Apotheker ist die Notdienstpauschale der notwendige Ausgleich für seine Leistung. „Wenn es die Pauschale nicht gäbe, dann würde ich die Apotheke wohl bald schließen“, sagt Hase. Auch Vorbesitzer Neumcke hatte darauf hingewiesen, dass eine Großstadtapotheke im Not- und Nachtdienst immerhin Geld verdiene, eine Apotheke in einer dünn besiedelten Gegend jedoch kaum mit Mehreinnahmen durch Patienten rechnen könne.

Die Statistik des Nacht- und Notdienstfonds (NNF) stützt seine Aussage. Denn in Hamburg ist eine Apotheke im Notdienst für 93.000 Einwohner zuständig, in Thüringen für 50.000 – was sich wiederum in den normalen Umsätzen im Nachtdienst spiegelt. Auch bei den Einzugsgebieten gibt es erhebliche Unterschiede. Während eine Berliner Apotheke im der Nacht Patienten auf einer Fläche von 1,04 km² betreut, sind es in Mecklenburg-Vorpommern 75,6 km². Hier gibt es allerdings eine Teildienstregelung, die nicht von der Notdienstpauschale erfasst ist.

An jedem Tag im Jahr 2014 wurden durchschnittlich 1155 Volldienste geleistet. Bundesweit haben die Apotheken im vierten Quartal im Mittel 5,3 Notdienste geleistet. Wie oft jede einzelne Apotheke in Bereitschaft ist, variiert allerdings stark: In Hamburg sind die Apotheker mit knapp zwei Notdiensten pro Quartal kaum gefordert, in Mecklenburg-Vorpommern sind es mehr als acht Dienste. Die Landapotheken profitieren entsprechend stärker von der Notdienstpauschale, was das politische Ziel der Strukturmaßnahme war.

Einzelfälle wie Helgoland waren der Grund, dass eine Deckelung der Notdienstpauschale debattiert wurde. Beim Deutschen Apothekerverband (DAV) lehnt man solche Gedankenspiele ab: „Diese Diskussion gab es bei uns nicht“, sagte der damalige Geschäftsführer Wirtschaft, Soziales und Verträge, Karl-Heinz Resch, der im Apothekerhaus für den Fonds verantwortlich war. „Wenn die Apotheken ordentliche Volldienste im Sinne der gesetzlichen Definition leisten, steht ihnen die Pauschale auch zu. Ich sehe nicht, wozu es hier eine Neiddebatte geben sollte“, so Resch. Der DAV werde jedenfalls nicht eingreifen und diese Dienste anders bewerten als andere.

Auch Magdalene Linz, die Kammerpräsidentin von Niedersachsen, sagte damals, dass es keine Überlegungen gegeben habe, die Pauschale zu deckeln. „Im Gegenteil: Die, die die höchste Last haben, bekommen auch am meisten Geld“, so Linz. Denn genau so sei die Pauschale gedacht.

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