Kommentar

Nachhilfe für die Schiedsstelle

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Für die Politik ist die Selbstverwaltung eine besondere Herausforderung: Irgendwo schlummert die Einsicht, dass die Beteiligten ihre - grundsätzlich gegensätzlichen - Interessen am besten selbst regeln. Gleichzeitig rumort die Angst, dass am Ende nicht alles so läuft, wie es sich die Regierung gedacht hat. Das Einschreiten des BMG im Schiedsverfahren ist vom Ministerium reichlich euphemistisch als „rechtliche Bewertung“ bezeichnet worden.

Eines ist klar: Sollten sich die Vorsitzenden tatsächlich verrechnet haben, kann ein Hinweis des BMG als Rechtsaufsicht sogar helfen. Denn es wäre nicht viel gewonnen, wenn sich der Schiedsspruch als nicht rechtssicher erweisen würde und die Kassen mit Erfolg gegen das Ergebnis vor Gericht ziehen könnten.

Doch nach der Kritik an den Bewertungskriterien lässt das Ministerium die Schiedsstelle mit leeren Händen dastehen. Einerseits dürfen die Kostensteigerungen der Apotheken nicht pauschal mit dem Honorar gleichgesetzt werden. Das ist noch plausibel, denn sonst hätten die Apotheker eine ständig wachsende Einkommensgarantie. Andererseits soll die Schiedsstelle aber auch die verschiedenen Kostenpunkte nicht aufteilen.

Das BMG verlangt Beweise dafür, dass die Personalkosten tatsächlich wegen der Rabattverträge gestiegen sind. Wie bitte soll das gehen? Mit Fragebögen zur Arbeitszeitaufteilung an alle Apotheken? Dann wieder will das BMG die Personalkostenentwicklung gar nicht erst in die Abschlagsverhandlungen mit aufnehmen.

Grotesk ist der Vorschlag, die Apotheker sollten ihren Mehraufwand selbst zurückholen. Denn das ist aussichtslos: Die Kassen haben die Retaxkeule - und die Hersteller nichts zu verschenken. Tatsächlich geben die Großhändler die Kürzungen der Industrie mittlerweile sogar an die Apotheken weiter. Unwahrscheinlich, dass die Firmen jetzt für die Abgabe von Medikamenten bezahlen, bei denen sie den Kassen schon einen immensen Rabatt gewähren.

Ein solches Einkaufen von Marktanteilen hat ein prominenter Kassenvertreter übrigens kürzlich als „teures Apotheker-Überzeugungs-Marketing“ bezeichnet. Die Wettbewerbszentrale hatte ein „Partnerprogramm“ sogar gerichtlich untersagen lassen.

Das BMG - sonst kein Freund von Einkaufsvorteilen für die Apotheken - sollte sich mit solchen Vorschlägen also lieber zurückhalten und vielleicht doch auf die Selbstverwaltung vertrauen. Die Begriffe Schiedsverfahren und unabhängiger Vorsitzender sind eigentlich selbsterklärend.

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