Arzneimittelfälschungen

Fahrtenschreiber für Arzneimittel

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Künftig sollen verschreibungspflichtige Medikamente europaweit mit einheitlichen Sicherheitsmerkmalen gegen Fälschungen gekennzeichnet werden. Das sieht zumindest der Richtlinienentwurf vor, über den heute das EU-Parlament abstimmt. Dabei geht es um mehr als um das Aufbringen eines individuellen Codes: Erstmals könnte der Weg jedes Arzneimittels von den Werkstoren des Herstellers über Großhändler und Zwischenhändler bis hin zur Abgabe an den einzelnen Patienten nachverfolgt werden. In der Branche sieht man Chancen und Risiken.

Zu wissen, über welche Händler eine Packung in welche Apotheke gelangt, wäre für Hersteller äußerst attraktiv - zumal der Großhandel den Herstellern seit einigen Jahren nicht mehr mitteilen darf, welche Arzneimittel an welche Apotheken geliefert werden. Der Großhandel dürfte nur wenig Interesse daran haben, seine Bezugsquellen offen zu legen; die Apotheker wollen nicht, dass Patientendaten für die Hersteller einzusehen sind.

Bereits im Vorfeld der ersten Parlamentslesung wurden daher verschiedene Aspekte intensiv diskutiert, neben den Kosten und technischen Details vor allem die Frage, wo die Daten verwaltet werden und wer welchen Zugriff hat. Apotheker und Datenschützer fürchten einen Missbrauch durch die Industrie. In der Richtlinie bleiben die Details offen; sie sollen nun von der EU-Kommission festgelegt werden.

Die Brüsseler Behörde muss auch klären, wer welche Daten liefern muss. Beim so genannten „End-to-end“-Modell müssten nur die Angaben von Herstellern und Apotheken abgeglichen werden; dazwischen bliebe ein Graubereich. Die Richtlinie geht einen Schritt weiter und bindet auch den Zwischenhandel ein: So soll künftig jede gekennzeichnete Packung gesondert von Hersteller, Großhändler und Apotheke überprüft werden.


Entschieden werden muss schließlich auch noch, wie das neue Sicherheitsmerkmal konkret aussehen soll. Weder 2D-Code noch RFID werden im Entwurf genannt. Den kostengünstigeren 2D-Code hatte der europäische Pharmaverband EFPIA in einem Pilotprojekt in Schweden getestet. Damals hatten Großhändler eine begrenzte Packungsanzahl mit dem Code beklebt; beim Scannen in der Apotheke wurden die Informationen mit zentral hinterlegten Daten verglichen.

Grundsätzlich sind die Sicherheitsmerkmale für alle Rx-Arzneimittel vorgesehen. Über Ausnahmen und eventuelle Kennzeichnungen von OTC-Medikamenten soll die EU-Kommission entscheiden. Die Behörde soll das jeweilige Fälschungsrisiko schätzen, indem sie Preis und Absatz, Fälschungszahlen aus der Vergangenheit und die Schwere der zu behandelnden Erkrankung berücksichtigt. Ursprünglich wollte die Kommission die Kennzeichnung auf verschreibungspflichtige Medikamente beschränken, der Gesundheitsausschuss des Parlaments hatte aber in einem Änderungsantrag auf das Fälschungsrisiko bei OTC-Arzneimitteln hingewiesen.

Wird die Richtlinie heute vom Parlament verabschiedet, muss der Ministerrat noch zustimmen. Die Mitgliedstaaten müssen dann die Bestimmungen in 18 Monaten in nationales Recht umsetzen. Anschließend bleibt Herstellern, Großhändlern und Apothekern noch Zeit, um die neuen Vorschriften zu befolgen - vor Ende 2015 gilt eine Umstellung als unwahrscheinlich.

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