Versandhandel

BMI ist überzeugt von Pick-up

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Berlin -

Nicht nur das Bundesjustiz-, sondern auch das -innenministerium (BMI) mauert in Sachen Pick-up. Neben verfassungsrechtlichen Bedenken führt das Ressort von Hans-Peter Friedrich (CSU) in einem Kurzgutachten vor allem Pro-Argumente ins Feld: Pick-up steht demnach in Sachen Verbraucherschutz, Arzneimittelsicherheit, Beratung und bei den Preisen den Präsenzapotheken in Nichts nach. Im Gegenteil.

 

Zunächst einmal gibt es laut BMI keinen Anlass, Pick-up aus Gründen der Arzneimittelsicherheit zu regeln: Im Gegensatz zum bereits zugelassenen klassischen Versandhandel seien Pick-up-Stellen nämlich deutlich sicherer, da in den Drogerien „speziell durch die Apotheke beauftragte und dieser gegenüber persönlich verpflichtete“ und „speziell geschulte“ Angestellte arbeiteten.

Da die Arzneimittel getrennt von den sonstigen Waren in einem gesicherten Lager aufbewahrt und nur gegen Abholschein und Personalausweis ausgegeben würden, sei die Gefahr, dass „die Ware verwechselt oder an Unbefugte ausgegeben wird“, nicht größer als beim Transport und der Auslieferung durch die Post.

Im Vergleich zum Online-Handel habe der Verbraucher zudem Gewissheit über die Bezugsquelle und deren Legalität: „Dies gilt in gesteigertem Maße für Kunden, die bei der Nutzung des Internets unerfahren sind und daher legale und illegale Angebote nur schwer unterscheiden können.“

 

 

Dass Konzepte wie „Apo im dm“ zu einer Desensibilisierung der Patienten und damit zu einem höheren Arzneimittelkonsum führen könnten, sieht man im BMI nicht. Schließlich seien die Pick-up-Stellen durch „gut sichtbare Schilder“ deutlich vom normalen Drogeriesortiment abgegrenzt. „Aus Sicht des Kunden besteht daher keinerlei Veranlassung zu glauben, das benötigte Arzneimittel stelle einen Teil des Sortiments der Abholstelle dar.“

Aus Sicht des BMI ist Pick-up aber nicht nur nicht schlechter, sondern teilweise sogar besser als das System der Vor-Ort-Apotheke. Das Argument der fehlenden persönlichen Beratung lassen die Fachreferenten jedenfalls nicht gelten: Zum Einen würden selbst in Präsenzapotheken Arzneimittel „häufig ohne Beratung durch den Apotheker ausgegeben“ – es sei denn der Kunde frage aktiv danach.

Andererseits gebe es bei Pick-up ja noch die kostenfreie Service-Hotline: „Sowohl gegenüber dem Versandhandel als auch gegenüber der Beratung in der Präsenzapotheke stellt die Hotline eine flexiblere Art und Weise der Beratung des Kunden dar, da eine solche nur auf Wunsch erfolgt und diese durchgängig während der gegenüber der Präsenzapotheke längeren Öffnungszeiten der Abholstelle zur Verfügung steht“, heißt es in dem Schreiben.

 

 

Überhaupt steht das Thema Ladenschluss ganz oben auf der Argumenteliste: Chronisch Kranke, immobile Patienten, ältere Bürger und insbesondere Berufstätige seien nicht mehr an die „starren Öffnungszeiten der Apotheke“ gebunden. Auch auf dem Land, wo die nächste Apotheke oft weit weg sei, würden Pick-up-Stellen den individuellen Bedürfnissen der Bevölkerung nicht weniger gerecht als die Präsenz- oder klassischen Versandapotheken.

Dazu kommt das Argument des Preises: „Durch die Etablierung von alternativen Arzneimittelabgabestellen wird ein Wettbewerb zu den Präsenzapotheken etabliert, der sich über eine veränderte Preispolitik positiv bei dem Kunden auswirkt.“ Versandapotheken hätten nämlich nicht nur einen größeren Kundenstamm, durch den sie Mengenrabatte aushandeln könnten.

„Ferner ist bei einer Abgabe von Arzneimitteln über Pick-up-Stellen keine gesonderte Anmietung von Geschäfts- und Lagerräumen notwendig, was sich wiederum positiv auf die aufzuwendenen Kosten auswirkt und potentiell zu weiteren Preisvorteilen führt.“ Pick-up könnte sogar deutlich billiger als der reine Versandhandel werden, da „die Zustellung an die persönliche Anschrift des Kunden naturgemäß höhere Kosten verursacht als die Bereitstellung zur Abholung an einer Pick-up-Station“.

 

 

Dass Präsenzapotheken für die flächendeckende Versorgung, „insbesondere außerhalb der normalen Öffnungszeiten während des Notdienstes“, unerlässlich sind, sieht man auch im BMI ein. Aber Grund zur Sorge gibt es nicht: „Die Existenzfähigkeit von Präsenzapotheken [...] ist durch die derzeit geringe Anzahl an Pick-up-Stellen und weiteren alternativen Betriebsformen nicht gefährdet.“

Ohnehin seien der „Schutz bestehender Apotheken vor dem Hinzutreten neuer Konkurrenz bzw. der Erhalt bestehender Einnahmequellen“ keine verfassungsrechtlich anerkennenswerten Gemeinwohlbelange zur Einschränkung der Berufsfreiheit der Pick-up-Betreiber.

Das BMI kommt zu dem Schluss, dass der ABDA-Vorschlag einer Bedarfsplanung für Pick-up-Stellen abgelehnt werden muss. Zuvor hatte schon das Bundesjustizministerium (BMJ) verfassungsrechtlichen Bedenken vorgetragen. Das BMI stimmt zu: Aus einer Bedarfsprüfung ergebe sich faktisch ein Pick-up-Verbot, das verfassungsrechtlich nicht durchzusetzen sei.

 

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