Kommentar

Abstiegskandidat FDP

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Nach zwei Jahren auf der Regierungsbank zog Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) Bilanz und wagte einen mutigen Blick nach vorn: „Selbst wenn man zur Halbzeit 2:0 zurückliegt, weiß man, man kann das Spiel noch drehen.“ Da hat er eigentlich recht. Nur ist es um seine Mannschaft in Wahrheit viel schlechter bestellt: Dank weitreichender Versprechungen im Koalitionsvertrag haben die Liberalen gleich reihenweise Eigentore geschossen, das Teamspiel funktioniert nicht, und kurz vor der Pause haben sie ihren eigenen Kapitän umgeholzt.

Auf den Rängen sind sowieso kaum noch Fans, die an eine Wende glauben könnten. Jetzt hat es die FDP auch noch geschafft, ihre treuen Stammwähler zu verjagen. Die Apotheker haben sie bei der vergangenen Bundestagswahl mit großer Mehrheit gewählt. Doch die Freidemokraten haben diesen Vorschuss nicht ausgelöst - obwohl sie mit der überraschenden Übernahme des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) die Chance dazu hatten.

Dabei hat die FDP die Branche ganz unliberal mit Spargesetzen überzogen - und das auch noch schlecht verkauft. In der Öffentlichkeit werden sie noch immer als Klientelpartei gesehen, obwohl ihre vermeintlichen Lieblinge ihnen wegen ihrer Unzuverlässigkeit längst den Rücken gekehrt haben. Für die Apotheken ist das doppelt bitter: Als Zechpreller gescholten zu werden, wenn man gerade eine Lokalrunde gegeben hat.

Warum nun ausgerechnet die Union so vom Absturz des Koalitionspartners profitiert, ist ein Rätsel. Schließlich ist deren Gesundheitsexperte Jens Spahn (CDU) oft auf der Linie des Ministeriums und die Gesundheitspolitik wird nicht allein von der FDP gemacht. Andererseits musste schon die SPD in der Großen Koalition die Erfahrung machen, dass die Union ihre Partner auffrisst.

Bei den Apothekern als Wahlklientel kommt hinzu, dass echte Alternativen fehlen. Bei der SPD wurde Ulla Schmidt durch Professor Lauterbach ersetzt. Und der Arzt mit der Fliege gibt sich wahrlich keine Mühe, die Pharmazeuten für sich zu gewinnen. Dass die Basis der Grünen schon lange gegen Apothekenketten ist, konnte den Vertrauensverlust bislang nicht ausgleichen - zumal niemand weiß, welches Gewicht Biggi Bender in der Fraktion hat. Auch die Linke hat zwar apothekenfreundliche Positionen, ist vielen Apothekern aber wohl doch zu weit außen. Nicht ohne Grund wäre jeder fünfte Apotheker am liebsten ein Pirat. Aber die haben sich bislang nicht zum Apothekenmarkt festgelegt.

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