Cluster-Kopfschmerz

Nervenschrittmacher statt Triptane

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Berlin -

Er kommt plötzlich, heftig und reißt die Betroffenen aus dem Schlaf – der Cluster-Kopfschmerz. Die Patienten leiden unter schmerzhaften Attacken, die jeden zweiten Tag oder gar mehrmals täglich auftreten können. Auf der Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie (DGHNO KHC) Ende Mai steht ein Vortrag zum Nervenschrittmacher als neue Therapieoption auf dem Programm.

Der Hauptschmerz befindet sich einseitig hinter dem Auge und um das Sehorgan herum. Daher zählen neben bohrenden, beißenden und heftigen Schmerzen auch gerötete oder tränende Augen zu den Symptomen des Cluster-Kopfschmerzes. Die Beschwerden verfolgen eine feste Tagesrhythmik. So leiden Betroffene in der Nacht, am Morgen oder mittags unter den Schmerzen, die die Seite nicht wechseln. Dennoch sind die Attacken nicht vorhersehbar und können sich mit unterschiedlich langen schmerzfreien Intervallen abwechseln.

Die Betroffen können bis zu acht Attacken täglich durchleben oder alle zwei Tage von den Schmerzen heimgesucht werden. Auch die Dauer der Pein variiert zwischen 15 und 180 Minuten. Männer leiden dreimal häufiger an der Kopfschmerzerkrankung als Frauen. Insgesamt ist ein Mensch von 500 betroffen.

Behandelt wird unter anderem mit Triptanen. Die Arzneistoffgruppe gegen Migräne kann für einen raschen Wirkeintritt nasal als Spray oder unter die Haut verabreicht werden. Patienten sprechen auch auf die Gabe von Sauerstoff an. Während einer Attacke wird das Gas über eine Gesichtsmaske inhaliert. Im Falle einer Attacke kommt es zu einer Vasodilatation der Arterie. Sauerstoff hingegen wirkt gefäßverengend, der Druck auf das schmerzempfindliche Nervenfasergeflecht lässt nach. Zur Prophylaxe können etwa der Calciumantagonist Verapamil oder das aus der Behandlung von Depressionen bekannte Lithium eingesetzt werden.

Eine neue Therapieoption ist die Implantation eines Nervenschrittmachers, der den Cluster-Kopfschmerz wie eine Art Fernbedienung abschaltet. Während einer Operation wird das fingergroße Implantat über die Wand der Mundhöhle hindurch in die Nähe des Ganglion sphenopalatinum (SPG) gebracht. Das SPG ist am Gesichtsnerv, dem Trigeminus-Nerv, lokalisiert, der maßgeblich an der Entstehung des Cluster-Kopfschmerzes beteiligt ist.

Der Schrittmacher stimuliert das Ganglion über elektrische Impulse. „Seit längerem ist bekannt, dass eine Betäubung des Ganglions den Cluster-Kopfschmerz lindern kann“, sagt Professor Dr. Dr. Thomas Klenzner, der stellvertretende Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf. Früher seien schwierige und riskante Injektionen von Kokain oder Alkohol für diesen Erfolg durchgeführt worden, fanden jedoch nur selten Anwendung.

„Der Patient kann dann nach der Operation den SPG-Stimulator mit einer Fernbedienung an der Wange aktivieren und damit den Cluster-Kopfschmerz abschwächen“, erklärt Klenzner. Der Erfolg wurde in der Studie „Pathway CH-1“ bestätigt. Bei etwa zwei Drittel der Patienten konnten die Attacken beseitigt oder verkürzt werden. Auch die Anzahl der Schmerzattacken wurde verringert. Langzeitbeobachtungen wiesen die Nachhaltigkeit der Behandlung nach. Weltweit haben etwa 400 Patienten einen Nervenschrittmacher erhalten, zehn Patienten wurden in Düsseldorf operiert.

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