Kommentar

Bumerang für Generikakonzerne

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Der Krimi um den Blutverdünner Clopidogrel hat seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht: Alle Generika, die den Wirkstoff aus einer indischen Fabrik enthalten, müssen jetzt definitiv vom Markt. Zwei Wochen voller offener Fragen liegen hinter den Herstellern, Arzneimittelbehörden und Apothekern. Gelitten hat im Durcheinander der Zuständigkeiten das Vertrauen in die Arzneimittelsicherheit.

Während Brüssel die strittigen Produkte bereits Ende März vom Markt verbannte, übten sich die deutschen Aufsichtsbehörden in erstaunlicher Zurückhaltung. Mängel in der Dokumentation sah man in Bayern und Baden-Württemberg offenbar zunächst nicht als allzu problematisch an. Diese Zweigleisigkeit in Sachen Arzneimittelsicherheit ist nicht nachvollziehbar: Schließlich handelt es sich - egal ob europäisch oder national zugelassen - um den gleichen Wirkstoff der gleichen Hersteller aus der gleichen als mangelhaft bewerteten Produktionsstätte in Indien.

Zu dieser Einsicht kam nun offenbar auch die deutsche Bundesoberbehörde, die zunächst auf die regionalen Zuständigkeiten verwiesen hatte: Zwei Wochen, nachdem die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) den Rückruf empfohlen hatte, ordnete das BfArM das befristete Ruhen der Zulassung an. Die betroffenen Produkte sind damit nicht mehr verkehrsfähig.

Gelitten haben könnte im Hin und Her auch das Image von Markengenerika, nicht nur wegen der Qualitätsmängel in Fernost. Denn durch das Zaudern der Behörden kam ein bemerkenswerter Aspekt ans Licht: Offenbar hatte Hexal unter derselben PZN Präparate mit nationaler und europäischer Zulassung in Verkehr. So ist es zu erklären, dass der Konzern zunächst nur jene Chargen vom Markt nehmen musste, die auf Grundlage einer zentralen Zulassung hergestellt worden waren. Andere waren zunächst wegen nationaler Zulassung weiter lieferbar.

Die strenge Regulation bei der Zulassung von Arzneimitteln ist aber wenig wert, wenn Zulassungen austauschbar werden. Nachvollziehbar ist der Sachverhalt dann nämlich nicht mehr für Apotheker und Verbraucher, sondern nur noch für die Juristen der Generikakonzerne. Die sind jedoch trotz der Krise in Sachen Arzneimittelsicherheit seit Tagen auf Tauchstation.

Hinsichtlich der Qualitätssicherung müssen sich nicht nur die Hersteller an GMP-Regeln halten. Auch die Behörden brauchen einheitliche Richtlinien, wie mit festgestellten Mängeln umgegangen wird. Dabei gilt, was auch das BfArM den Herstellern mitgeteilt hat: Das wirtschaftliche Interesse der Firmen muss hinter dem vorbeugenden Gesundheitsschutz zurücktreten.

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