Medizinalhanf

Cannabis: Apotheker definieren Standards

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Berlin -

Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat klare Gebrauchsanweisungen für Patienten gefordert, die Cannabis als Arzneimittel konsumieren. Zudem soll die pharmazeutische Qualität des Stoffs gesichert sein. Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums verabschiedet, wonach Cannabis etwa zur Behandlung von Schmerzpatienten zugelassen werden soll. Welche Herausforderungen das mit sich bringen könnte, beleuchtete die Bundesapothekerkammer (BAK) mit einem Symposium.

Sollte Cannabis als Arzneimittel in der Therapie angewandt werden, müssten „Eckpfeiler“ eingeschlagen werden, so BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer. Die pharmazeutische Qualität des Produkts müsse gesichert werden, was Eigenanbau durch die Patienten ausschließe. Zudem müsse die Abgabe als Arzneimittel über Apotheken erfolgen. Darüber hinaus sei die gesicherte Erstattung des Medikaments durch die Krankenkassen wichtig, ebenso die Kostenübernahme für notwendige Hilfsmittel.

Am Kabinettsentwurf kritisiert Kiefer, dass eine Höchstabgabemenge von 100 Gramm Cannabisblüten pro Person für 30 Tage genannt wird – ohne Bezug zur Cannabissorte. Die sei entscheidend für den Wirkstoffgehalt. Zudem könnten den Patienten nicht Blüten in die Hand gedrückt werden: „Wir dürfen die Patienten mit der Anwendung nicht allein lassen“, betont er.

Cannabis als Rezepturarzneimittel soll nach Ansicht der BAK mit einer Gebrauchsanweisung, Anwendung und einem geringen Gehalt von Leitsubstanzen abgegeben werden. Kiefer nennt einen Richtwert von von 3,3 Prozent bis 10 Prozent Wirkstoffgehalt im Vergleich zum Suchtbereich.

Erst Hitzeeinwirkung aktiviert die Wirkstoffe im Cannabis. Doch „Joints“ sind für Kiefer keine akzeptable pharmazeutische Darreichungsform, da sich die Wirkstoffdosis so nicht kontrollieren lasse. Stattdessen sei die Inhalation oder perorale Gabe der Blüten und Extrakte denkbar. Blüten können als Dedokt verarbeitet werden.

Die Kommission des DAC/NRF (Deutscher Arzneimittel-Codex/Neues Rezeptur-Formularium) hat eine Monographie zu Cannabisblüten der Cannabis sativa erarbeitet, die von Dr. Michael Hörnig vorgestellt wurde. Der THC- und CBD-Gehalt im Ausgangsstoff wird darin definiert. Zudem darf der Stoff nicht durch fremde Bestandteile verunreinigt sein. Der Trocknungsverlust muss ebenso wie der Cannabinol-Gehalt geprüft werden. Wie bei jeder pflanzlichen Droge muss auf Pestizid- und Schwermetall-Rückstände getestet werden.

In der Monographie wird von einer niedrigen therapeutischen Dosierung von zweimal täglich 5 bis 10 mg THC ausgegangen. Je nach Pflanzensorte entspricht das etwa 23 bis 80 mg der getrockneten Pflanze. Hörnig schätzt, dass 1 Gramm der Blüten um 20 Euro kosten werden. Statt auf die Grammangabe sollte auf den THC- oder CBD-Gehalt abgestellt werden, empfiehlt er.

Professor Dr. Burkhard Hinz beleuchtete die pharmakologischen Aspekte der Pflanze. Cannabis enthalte etwa 70 Phytocannabinoide. Die weibliche Pflanze bildet harzreiche Blüten mit mehr Cannabinoiden. THC wirkt psychoaktiv, CBD dagegen nicht. 2011 wurde in Deutschland das erste und einzige Fertigarzneimittel mit Cannabis-Wirkstoff zugelassen: das Mundspray Sativex zur Behandlung Multipler Sklerose. Auch Sativex wird als Cannabis-Erzeugnis vom Gesetzesentwurf erfasst und wäre künftig erstattungsfähig.

Derzeit können 779 Patienten nur mit einer Ausnahmegenehmigung der am BfArM angesiedelten Bundesopiumstelle Medizinalhanf in Apotheken mit einer Ausnahmegenehmigung erwerben – und müssen es selbst bezahlen, erklärt Dr. Peter Cremer-Schaeffer, Leiter der Bundesopiumstelle. Cremer-Schaeffer kritisiert die aktuelle Regelung: Ob Cannabis als Arzneimittel eingesetzt werde, sei derzeit die Entscheidung einer Behörde, nicht eines Arztes. Zudem trage der Patient zu viel Verantwortung, da es sich um eine ärztlich begleitete Selbsttherapie handele – ohne „vernünftige Anwendungsanleitung“ für das Cannabis. Daher begrüße er den Gesetzesentwurf.

Was die Wirksamkeit von Cannabis betrifft, sind die Studien für einzelne Indikationen bei der breite Masse ernüchternd: „Cannabis ist kein Wundermittel“, so der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft, Professor Dr. Michael Schäfer. Er sieht in Cannabis-Präparaten aber ein Mittel für austherapierte Patienten.

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