Rx-Boni

EAV: 600.000 Euro Strafe bestätigt

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Berlin -

Niederländische Versandapotheken haben jahrelang für ihre Rezeptboni gekämpft. Die Europa Apotheek Venlo (EAV) hatte ein Verfahren sogar bis vor den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichte des Bundes gebracht. Seitdem müssen sich ausländische Versender an die deutschen Preisvorgaben halten. Die EAV gab sich in der Folge im Rechtsstreit mit dem Bayerischen Apothekerverband (BAV) geschlagen. Nur wollte der Versender wegen des Einlenkens plötzlich auch die bereits gezahlten Ordnungsgelder zurück. Der Bundesgerichtshof (BGH) lehnte dies jetzt wenig überraschend ab.

Der BAV war gegen die Rx-Boni der EAV vorgegangen. Das Landgericht München I sowie das Oberlandesgericht München (OLG) gaben der Klage im Eilverfahren statt. Weil die EAV das Verbot mehrfach missachtete – einmal wurde der Rezeptbonus von 2,50 auf 2,49 Euro gesenkt –, verhängten die Gerichte Ordnungsgelder. Die Versandapotheke wurde insgesamt zur Zahlung von 600.000 Euro rechtkräftig verurteilt, das Geld floss der Staatskasse zu.

In der Hauptsache stritt de EAV aber weiter für ihre Boni, am 9. Oktober 2013 traf man sich vor dem BGH. Doch zwischenzeitlich hatte nicht nur der Gemeinsame Senat zu Rx-Boni entschieden, sondern auch der Gesetzgeber eine Klarstellung folgen lassen. In der mündlichen Verhandlung erklärte die EAV, sich daran zu halten. Der BAV hat daraufhin den Rechtsstreit für erledigt erklärt, die EAV stimmte zu. Der BGH legte der Versandapotheke die Verfahrenskosten auf und schloss die Akte.

Doch die EAV startetet noch einen Versuch, zumindest das Geld zurück zu holen: Im Vollstreckungsverfahren beantragte die Versandapotheke, die rechtskräftigen und vollstreckten Ordnungsgeldbeschlüsse aufzuheben. LG und OLG München lehnten dies wiederum ab, die Sache ging wieder nach Karlsruhe. Am 20. Januar entschied der BGH, dass es bei den Strafen bleibt. Denn anders sei die Erklärung des BAV nicht zu verstehen.

Laut BGH kam es nicht nur auf den Wortlaut der Erklärung an, der „erklärte Wille“ könne auch aus den Begleitumständen hervorgehen. Dabei gelte im Zweifel dasjenige, „was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage entspricht“. Die Erklärung halte dieser Nachprüfung stand.

Die EAV-Vertreter hatten zwar vor dem BGH den denkwürdigen Satz geäußert, man halte sich selbstverständlich an deutsches Recht. Das war aber über viele Jahre gerade nicht selbstverständlich – vielmehr hatten die Niederländer stets argumentiert, die Warenverkehrsfreiheit nach EU-Recht steche die deutschen Vorschriften aus. Die Wiederholungsgefahr war damit aus Sicht des BGH erst mit der Erklärung der EAV im Revisionsverfahren weggefallen.

Dass die gezahlten Ordnungsgelder nicht dem BAV zugute kamen, sondern der Staatskasse zuflossen, spielte bei der Beurteilung für den BGH keine Rolle. Die Ordnungsmittel hätten einen „repressiven, das heißt strafähnlichen Sanktionscharakter“. Dessen Aufrechterhaltung zur Ahndung begangener Verstöße liege auch im Interesse des BAV. Die Erledigungserklärung war demnach nicht rückwirkend zu verstehen.

Die EAV hatte moniert, dass weder der protokollierte Wortlaut der Erklärung ein Anzeichen für eine zeitliche Einschränkung enthalte, noch sonstige Umstände aus der Prozessgeschichte dafür sprächen. Der BGH verwarf auch dies: Schon bei nur gestellten Ordnungsgeldanträgen sei davon auszugehen, dass eine Erledigung nur für die Zukunft gelte. Ein bereits erwirkter Anspruch werde daher erst recht nicht in Frage gestellt. Der BAV würde mit seiner Erklärung kaum den bereits vollstreckten Ordnungsgeldern die Grundlage entziehen.

Beim BAV hat man immer mit einem positiven Ausgang dieses mutmaßlich letzten Streits in dieser Angelegenheit gerechnet. Ein gewisses Restrisiko bestand aber – wie in jedem Gerichtsverfahren. Der BGH hätte auch auf den Wortlaut der Erklärung abstellen und die Ordnungsgelder für nichtig erklären können.

In diesem Fall wären 600.000 Euro aus der Staatskasse zurück an die EAV geflossen, auf den BAV wären aufgrund der Rückabwicklung der Ordnungsmittelbeschlüsse vermutlich nachträglich Verfahrenskosten zugekommen. BAV-Geschäftsführer Dr. Stefan Weber ist deshalb erleichtert, dass die Sache gut ausgegangen ist. Zudem sei es natürlich wichtig, dass die Sanktion für die Verstöße erhalten bleibe, sagt Weber.

Eigentlich schien der Boni-Streit nach dem Spruch des Gemeinsamen Senats entschieden. Doch im vergangenen Jahr legte das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) ein weiteres Verfahren dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. In Luxemburg wird am 17. März darüber verhandelt, ob die deutsche Preisbindung auch für ausländische Versandapotheken gilt.

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