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Rezeptfälscher: Schweigepflicht für Apothekenmitarbeiter

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Berlin -

Der Schutz von Patientendaten ist ein hohes Gut – so hoch, dass Apotheker einen mutmaßlichen Rezeptfälscher nicht melden dürfen. Die im Strafgesetzbuch verankerte Schweigepflicht verbiete dem Apotheker, Geheimnisse zu offenbaren, die ihm anvertraut worden oder bekannt geworden seien, erklärt eine ABDA-Sprecherin. Andernfalls drohen ihm eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Das bringt Apotheker mitunter in die Bredouille: Derzeit beispielsweise sucht das Polizeipräsidium Offenburg eine Frau, die sich als Ärztin ausgibt, Rezepte fälscht und sich auf diese Weise Arzneimittel erschleicht. Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden hat ein Ermittlungsverfahren gegen die Frau eingeleitet. Apotheken sollen sofort die Polizei informieren, wenn die 22-Jährige bei ihnen auftaucht.

Allerdings verwies der Sächsische Apothekerverband (SAV) auf eine Information der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK): Danach dürfen Apotheken nicht in jedem Fall Alarm schlagen, da „eine Mitteilung an die Polizei Aspekte der Schweigepflicht“ berühre.

Die ABDA-Sprecherin erklärt, dass Apotheker ein Geheimnis nur dann offenbaren dürfen, „wenn ein sogenannter rechtfertigender Notstand vorliegt und damit eine gegenwärtige Gefahr“. Das ist beispielsweise der Fall, wenn ein Apotheker bereits Arzneimittel abgegeben hat und ihm dann Zweifel kommen. Dann ist laut AMK eine Meldung an die Polizei gerechtfertigt, weil eine erhebliche Gefahr besteht – falls die Arzneimittel angewendet werden.

„Wird jedoch kein Arzneimittel abgegeben, ergibt sich hieraus keine weitere Gefahr“, betont die ABDA-Sprecherin. Dass ein Rezeptfälscher versucht, woanders an Arzneimittel zu kommen, dürfe nicht als gegenwärtige Gefahr angesehen werden. Zudem rechtfertige das Strafverfolgungsinteresse keinen Verstoß gegen die Schweigepflicht. Die ABDA-Sprecherin vergleicht die Situation mit einem Straftäter, der sich medizinisch behandeln lässt: „Auch hier rechtfertigt das Strafverfolgungsinteresse nicht, dass der Arzt diese Straftat offenbart.“

Apothekern empfiehlt die ABDA-Sprecherin, beim Verdacht auf eine Fälschung, das Arzneimittel auf keinen Fall abzugeben. „Möglich ist dann in der Regel nur die Mitteilung beziehungsweise Warnung, dass es ein gefälschtes Rezept gab und eventuell über welches Arzneimittel“, erklärt sie. Eine Benennung des Täters oder eine Beschreibung scheide grundsätzlich aus.

So absurd die Regelung zunächst scheint, sie dient laut ABDA-Sprecherin auch dem Schutz des Geheimnisträgers – also des Apothekers – und des Vertrauens in ihn. Die Schweigepflicht muss eingehalten werden, und dabei kommt es der Sprecherin zufolge nicht darauf an, ob der Apotheker es rechtlich billigen würde oder nicht.

Der falschen Ärztin, vor der die Polizei derzeit warnt, sind inzwischen schon mindestens 15 Apotheken zum Opfer gefallen, vor allem in Baden-Württemberg. Sie war aber auch schon jenseits der Landesgrenzen aktiv, etwa in Kaiserslautern, Gießen, Hungen, Nidda, Hennef (Sieg) und Norderstedt.

Die Frau „verfügt über medizinisches Halbwissen und zeigt sich bei der Erlangung von Medikamenten gegenüber dem Apothekenpersonal als redegewandt und ideenreich“, warnt die Polizei. Sie gibt sich als Ärztin, Rettungsassistenin oder Gattin eines Arztes aus, bestellt die Medikamente telefonisch und legt gefälschte Rezepte oder eine Bestellliste vor.

Nicht nur öffentliche Apotheken hat sie mindestens seit 2014 auf diese Weise betrogen, sondern auch Krankenhausapotheken und Ärzte. In Kliniken soll sie Rezepte gestohlen oder mitgebrachte Blankoformulare abgestempelt haben. Die ergaunerten Hypnotika soll sie anderen Personen gespritzt haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb nicht nur wegen Urkundenfälschung, Betrug, Handel und Besitz von Betäubungsmitteln, sondern auch wegen gefährlicher Körperverletzung.

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